Kommentar(e): Die Jahnelf verharrt in Schockstarre!

Dies ist wohl nicht die gewohnte Art von Nachbericht von uns. Die Umstände haben uns dazu veranlasst, auch hier im Bericht unseren Frust niederzuschreiben. Bitte entschuldigt somit, dass es hier im Nachfolgenden zu leicht emotionsgesteuerten Formulierungen kommen kann.
Eine ungenutzte Chance

Mit einem Sieg auf Platz 15, ein Nichtabstiegsplatz in greifbarer Nähe, Sandhausen auf Distanz, Bielefeld und Rostock überholt. Die Alternative hat sich wohl kaum einer ausgemalt. Dass die Spieler es mitbekommen haben, dass die aktive Fanszene einen Sonderzug organisiert hat und das Auswärtsspiel zum Heimspiel machen wird, sollte spätestens vor Ort in den Köpfen der Jahnelf angekommen gewesen sein. Ich hatte eine ähnliche Vorstellung und hoffte, dass sich die Spieler denken: „Krass, wie sich die Fans den Allerwertesten aufreißen, um uns hier zu unterstützen, im Gegenzug hauen wir alles raus, was geht, damit sich die 22-Stunde-Reise lohnt“.

Der Schlag ins Gesicht

Somit seid ihr jetzt in jedem Fall emotional (wenn nicht eh schon) in derselben emotionalen Region wie wir. Ich mag mir sowieso nicht ausmalen, wie so eine frustrierende siebenstündige Fahrt, noch in die Nacht hinein, aussehen mag. Ein wenig möchte ich trotzdem auf das Spiel eingehen: Los ging’s mit dem erwartbaren Spiel, welches von Unsicherheiten und vielen Fehlpässen geprägt war. Der Spielfluss war dazu sehr stockend. Trotzdem ging ein Schuss von Guwara nach 3 Minuten nur knapp rechts vorbei. Bei der Jahnelf machte sich daraufhin Passivität breit. Da zusätzlich mehrere Rote vergessen hatten, wie man Zweikämpfe führt, ging Sandhausen durch Papela mit 1:0 in Führung. Optimismus keimte in der ersten Hälfte an zwei Stellen auf: Der eigentlich kopfballstarke Owusu hatte zwei Großchancen auf den Ausgleich, aber einmal köpfte er neben das Tor und später traf er das Gebälk.

(K)eine Leistungssteigerung in Halbzeit 2

Zur Pause erhoffte man sich eine deftige Ansage in der Kabine, doch eine Wirkung war auf dem Platz nicht zu spüren. Mersad wechselte zur Halbzeit Albers und Yildirim für Makridis und Singh ein. Yildirim sollte im späteren Verlauf noch den Ausgleich auf dem Fuß haben, aber auch diese Chance konnte man nicht nutzen. Kurze Zeit später brachte eine Unachtsamkeit nach einer Ecke sowie eine mangelnde Manndeckung das 2:0. In der Folge hatte Sandhausen den endgültigen Knockout auf dem Fuß, einmal mehr verneigen wir uns aber vor der konstant soliden Leistung von Jonas Urbig, der die Hoffnung auf das Wunder festhielt. Irgendwie kam die Jahnelf trotz der Unterlegenheit zum Anschluss, somit war die Hoffnung mit einem Schlag zurück am Hardtwald. Mehrere Chancen der Kategorie „Hau´s hoid eini“ vergeigte die Jahnelf jedoch. Verzeiht mir bitte das Vernachlässigen spielrelevanter Fakten und Statistiken, aber dieses Spiel kann man wohl nicht mit Statistiken erklären. Die Spieler waren in der Folge minutenlang mit den mitgereisten Jahnfans im Gespräch. Sehr zu hervorheben ist hierbei Bene Saller, der durch die Rot-Sperre keinen Einfluss auf das Spielgeschehen nehmen konnte. Er sorgte dafür, dass sich alle Spiele den Fans stellten. Mangelndes Engagement kann man ihm also nicht absprechen. Es bleibt aber auffällig, dass sich Spieler wie beispielsweise Max Thalhammer, die am Anfang der Saison als Hoffnungsträger angepriesen wurden, in dieser Situation nicht als Leistungsträger und Führungspersönlichkeit einbringen. Im Abstiegskampf erwartet man schlichtweg mehr Hingabe. Leistungsschwankungen sind völlig in Ordnung. Allerdings erwarte ich auch an schlechten Tagen in dieser Situation Kampf bis zur letzten Sekunde und wenn es sein muss, dann geht man eben in den schmerzhaften Zweikampf oder muss zwischen beiden Boxen mehrmals pendeln. Positiv hervorzuheben sind trotz vieler negativer Punkte Urbig, Owusu, Elvedi sowie Viet, die sichtbar jedes Spiel alles für den Jahn geben.

Was bleibt nun?

So ganz weiß man es nicht. Man hat das Gefühl, jedoch endgültig abgestiegen zu sein, obwohl noch rein gar nichts vorbei ist. Dass das Gemüt der Jahnfans Woche für Woche zermürbt wird, sind wohl viele der jüngeren Generation einfach nicht gewohnt. Nein, jeder wirkt einfach mitgenommen. Nicht nur die Jahngeneration, die seit 2015 dabei ist. Klarheit über die Zukunft besteht trotz allem nicht, es gibt nur einen Ausweg, um nicht im Finanzloch Liga 3 zu landen: So ziemlich alles richtigzumachen, was heute falsch war. Das ist allerdings eine Mammutaufgabe. Dazu steht das wohl schwierigste Auswärtsspiel des Jahres in Rostock vor der Tür. Seit Monaten sollte es eigentlich keine Ausreden geben, jetzt darf man sie nicht mehr in Erwägung ziehen: Was jetzt zählt, sind nur die Leistungen in Form von Bällen hinter der gegnerischen Torlinie. Man kann viel klagen über Pech, ich tue es wahrscheinlich am meisten. Wenn man es anpackt und euphorisch für die Sache „Jahn“ kämpft, fordert man das Pech zum Duell. Wenn dann das Pech einem einen Schlag auf die Nase kassiert und man sich nicht unterkriegen lässt, kann es noch was werden. Allerdings nicht so wie heute.

Kittenkurlmer

Der Tod der Zuversicht

Wer mich kennt, der weiß, dass ich ein Optimist bin. Aber oft ist die Welt eben nicht so perfekt, wie man es sich vorstellt und versucht irgendwie wieder aufzustehen. Viele Jahnfans werden es aktuell kennen: Erst spielt man scheiße, regt sich tierisch auf, aber kurze Zeit später findet man dann schon einen Schuldigen wie den Schiedsrichter oder die individuelle Klasse des Gegners. Bis man eben endgültig enttäuscht wird. Woche für Woche fanden wir Ausreden, dass wir die direkten Duelle noch haben, aber im Endeffekt war es auch von mir nur bla, bla.

Dass das Leben nicht immer gerade verläuft, sollte jedem klar sein, aber die aktuelle Saison des Jahn wirkt durchaus wie eine Achterbahnfahrt. Kaum gewinnt man, keimt die Hoffnung auf, damit man kurz darauf einen doppelten Schlag in die Fresse bekommt. Das ist dann wohl das Risiko als Jahnfan. Dennoch kann ich nur noch einmal betonen, dass wir es in der eigenen Hand hatten. Gegen Paderborn und in Kiel fühlte es sich wie eine Erlösung an, eigentlich wie der Klassenerhalt, aber dann kam es wieder anders.

Anders kam es auch in Sandhausen. Hoffnung, Zuversicht und Nervosität ist eine komische Mischung, die mich bei diesem Spiel begleitet hatte. Es stellte sich aber dann als großer Fehler heraus, wieder vor dem Spiel zum Optimisten zu werden. Immerhin hat es 16 Minuten gehalten. Dann saß ich da wie ein Häufchen Elend und spürte eine Mischung aus Traurigkeit und Leere, die wahrscheinlich aktuell jeder Jahnfan verspürt.

Und so machte mich dieses Spiel zum Pessimist. Ich habe das Gefühl, dass wir verlieren, egal gegen wen. Und wir werden wohl absteigen. Damit habe ich mich abgefunden. Egal was passiert, ich freue mich auf die neue Saison und werde vom Bestmöglichen ausgehen. In der Hoffnung, dass mir der Jahn nicht erneut wehtut. Es wird immer weiter gehen, es wird immer der Jahn bleiben.

Muss die Trainerfrage gestellt werden?

Wir leben in wilden Zeiten. Es gibt Vereine, die tauschen mehrmals in der Saison den Trainer und können ihre Ziele dennoch nicht erreichen. Beim Jahn ist die Welt noch in Ordnung und man versucht Personalien so lange wie möglich zu halten. Mittlerweile schwankt die Stimmung im Fanlager des Jahns allerdings um und es wird immer häufiger ein Neuanfang gefordert. Es wird aber höchstwahrscheinlich nicht so kommen, zumindest nicht heute.

Mersad genießt nicht nur bei vielen Fans, sondern auch bei den Medien sowie im Verein einen Rückhalt. Richtig so! Er lebt den Jahn und kennt den Verein in- und auswendig. Nüchtern betrachtet ist die sportliche Situation dennoch Grund genug, um Mersad Selimbegovic als Trainer anzuzählen, aber der SSV Jahn ist eben kein Verein wie Schalke 04 oder Hertha BSC. Wenn wir zum aktuellen Zeitpunkt unsere Werte aus dem Fenster werfen, dann ist Erfolg keineswegs eine Garantie.

Bei einem Trainerwechsel braucht es einen nachhaltigen Plan und einen ambitionierten Kandidaten. Ein Rauswurf ohne Nachfolger wäre Aktionismus pur. Und einen neuen Cheftrainer findest du nicht auf einen Tag, weshalb du definitiv keine Zeit mehr für einen solchen Wechsel hast. Selimbegovic hat keinen einfachen Job in Regensburg, da er Jahr für Jahr Abgänge kompensieren muss und gleichzeitig die Qualität aufrechterhalten soll. Die Meinung, dass der Jahn dauerhaft im Mittelfeld der 2. Bundesliga spielen soll, gehört an den Stammtisch. Die Zielsetzung heißt Klassenerhalt. Und wenn diese am Ende der Saison (knapp) verfehlt wird, dann muss man ohne Frage Gespräche führen, ob eine Weiterbeschäftigung Sinn hat. Der Jahn sowie Mersad sollten sich fair in der Sommerpause unterhalten und nicht die Beziehung aufgrund einer kleinen Krise vorschnell beenden.

(Photo by Alexander Scheuber/Getty Images (Onefootball-Lizenz))

Maximilian Aichinger

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