„Es soll auch kein Geheimnis bleiben, dass er der Grund für meinen Abschied war.“ – Jann George im Interview (Teil 2)

Er hatte seine Karriere schon beendet und eine Ausbildung begonnen – später absolvierte er 192 Spiele für den SSV Jahn. Im zweiten Teil spricht Jann über seine Zeit in Regensburg, den Abgang aus der Domstadt und über sein Leben danach. (Foto: Daniel Kopatsch/Getty Images (Onefootball-Lizenz))

2015 bist du in die schönste Stadt der Welt gekommen. Hand aufs Herz – der Jahn oder der Club?

Ich hatte eine sehr schöne Zeit in Regensburg, aber auch damals ist der 1. FC Nürnberg mein Verein geblieben. Deswegen würde ich den Club vor Jahn Regensburg setzen, aber der Jahn ist eine Herzensangelegenheit. Für mich ist Regensburg eine der schönsten Städte Deutschlands und ich bin sehr froh, dass ich das Projekt mitformen konnte, wenn man sieht, wo sie damals standen und wo sie heute stehen. Ich bin sehr glücklich, dass ich dabei sein konnte und es so mit dem Verein bergauf ging. Ich würde dieses Erlebnis nicht missen wollen, es war wirklich eine hervorragende Zeit und mir ist der Verein genauso wichtig wie der Club.

Beide Vereine stecken aktuell im Abstiegskampf – denkst du, dass es beide schaffen?

Ich habe nie Zweifel, dass sich die Qualität durchsetzt. Aus Bayreuth kennt man auch, wie eng es im Abstiegskampf in beiden Ligen ist und wenn man einen Erfolg fährt, dann ist man auch ziemlich schnell wieder ganz unten draußen. Mit dem Trainer habe ich darüber gesprochen und er sieht es genauso. Man macht gute Spiele und sollte mehr Punkte haben, aber dann hat man einen schlechten Tag und die Bälle gehen nicht rein. Ich wünsche beiden Vereinen, dass sie positiv bleiben und gut arbeiten.

Welches Team schätzt du im Moment stärker ein?

Den Club. Aber auch Regensburg hat eine gute Mannschaft wo ich noch einige kenne und wenn sie sich nicht dumm anstellen, werden sie in der Klasse bleiben.

Würdest du nochmal beim SSV Jahn einen Job annehmen?

Ich wäre auf jeden Fall dabei, wenn der Jahn fragen würde, ob man nochmal was gemeinsam machen wollen würde.

Du bist damals innerhalb von zwei Jahren von der Regionalliga bis in die 2. Bundesliga vorgestoßen – hattest du Zweifel, ob es zu schnell geht?

Schwierig zu sagen. Ich habe mit vielen Fußballern zusammen gespielt und nach der fußballerischen Qualität könnten es viele schaffen, aber am Ende spielen viele Faktoren mit hinein, wie ein Trainer der auf dich setzt, Erfolge mit dem Verein und die Spielpraxis. Ich glaube, ich wusste schon immer, dass ich Qualität habe und auf diesem Niveau spielen kann. Gedanken darüber machte ich mir eher, wie lange man diese Chance noch bekommt und auf diesem Niveau spielen kann. Wie man sieht, ging es bei mir dann auch ziemlich schnell. Man muss diese Zeit in den oberen Ligen genießen und sich selbst die Daumen für das notwendige Glück drücken. Es gibt aber auch Ausnahmetalente, welche es schaffen müssen, wie ein Florian Wirtz zum Beispiel, da sieht man bei jeder Berührung das Potenzial. Es gibt aber eben auch Spieler, die sind auf andere Leute und diese Faktoren angewiesen.

Christian Keller hat ja eine Ära in der Domstadt geprägt – war er für dich einer dieser wichtigen Förderer?

Ich habe intern schon immer gesagt, dass Christian Keller für mich ein Genie ist. Nicht nur, weil er homogene Kader zusammenstellen konnte und er es geschafft hat, dass jeder Lust hatte, Tag für Tag miteinander auf dem Platz zu stehen und für den Verein sowie die Stadt einzustehen. Er konnte auch Ausreißer auffangen und wusste, wie man jeden anpacken muss, damit er die notwendige Leistung bringt. Ich glaube, er war nicht nur für das Drumherum verantwortlich, vielmehr auch für das Funktionieren der Mannschaft. Wenn man Christian Keller reden hört und sich seine Perspektive zu Gemüte führt, dann spürt man welch toller Mensch er ist.

Wie blickst du auf sein Engagement in Köln?

Es war schon in Regensburg klar, dass er auch bei anderen Aufgaben Erfolg haben wird, da er auf dem Boden geblieben ist und wirklich nie eine Route wie, sagen wir mal, Schalke 04 fahren würde. Er wird kein Geld aus dem Fenster werfen, nur weil er es hat, sondern auch in Gremien diese Bodenständigkeit herrschen lassen. In den nächsten Jahren wird er erfolgreich bleiben, da habe ich keine Zweifel.

Thomas Kleine war schon dein Trainer in Fürth – wie hat er deinen Wechsel in die Altstadt beeinflusst?

Er hat es sehr beeinflusst. Ich wusste schon frühzeitig von seinem Amtsantritt und habe natürlich mit einem Transfer schon zum Saisonstart geliebäugelt, aber ich wollte mich primär beim namhafteren Verein, also Erzgebirge Aue, durchsetzen und nicht nur sofort wechseln, weil man jemanden gut kennt. Aber er hat eine große Rolle gespielt, aber eine noch größere Rolle spielte meine Frau, die eben aus Bayreuth kommt und dann hat es sich angeboten.

Welcher Trainer hat denn deine Karriere am Positivisten lenken können?

Den größten Gewinn hatte ich von Achim Beierlorzer und Heiko Herrlich. Heiko konnte mich insbesondere gut einfangen, dazu hat er Freude vermittelt und jeder hatte Spaß am Spiel. Wer hätte gedacht, dass wir den direkten Aufstieg in die 2. Bundesliga schaffen können? Er hat uns richtig gut geführt und sein Abgang hat mich damals echt traurig gestimmt. Mit Achim hatte ich daraufhin einen Trainer, der der fachlich beste Trainer ist, den ich hatte, und mir extremes Wissen über Fußball vermitteln konnte. Ich profitiere heute noch davon und versuche, auch Mitspieler in dieses taktische mit einzuführen und ich glaube, dass ich dadurch ein ganz anderes Bild über Fußball bekommen habe und ich auch Spiele viel analytischer ansehen kann.

Wie ist dein Verhältnis zu Mersad Selimbegovic?

Jetzt wo ich nicht mehr in der Oberpfalz bin, spreche ich manchmal trotzdem mit den Leuten, und auch mit Mersad habe ich vor einiger Zeit gesprochen und ich würde sagen, dass unser Verhältnis gut ist. Es ist nichts Negatives hängen geblieben, auch wenn ich damals mit der Spielzeit nicht zufrieden war und deswegen den Schritt von Regensburg weg gewagt habe. Mersad hat eine sehr gute Philosophie und wurde ja auch taktisch von Achim Beierlorzer geprägt und ich denke, dass es der richtige Spielstil ist. Ob es zuletzt an ihm lag oder an der Mannschaft, da maße ich mir kein Urteil an. Mersad hat sich in den ersten Jahren unter Beweis gestellt und ich glaube nicht, dass es plötzlich zu einem Einbruch kommt und ich bin von seiner Qualität überzeugt. Für mich ist er ein guter Trainer, aber es soll auch kein Geheimnis bleiben, dass er der Grund für meinen Abschied war, da es nicht mehr gepasst hat. Ich habe ihm viel zu verdanken und wir haben ein gutes Verhältnis. Wenn er mich anrufen würde, dann würde ich pauschal nicht Nein sagen.

Wäre in deiner Karriere unter bestimmten Umständen vielleicht noch mehr drin gewesen?

Natürlich wäre mehr drin gewesen, aber wenn ich sehe, was sind meine Fähigkeiten und Stärken, dann habe ich da das Beste rausgeholt. Ich weiß, was ich kann, und ich habe mich auch in dieser Einschätzung verbessert. Wenn ich jedoch überlege, was gefragt wird und es vielleicht nicht nur auf fußballerische Qualitäten ankommt, dann hätte ich da schon etwas zulegen und meinen Spielstil an diese Anforderungen anpassen müssen. Grundlegend bin ich aber durchaus zufrieden wie meine Karriere verlaufen ist, auch wenn es am Ende nicht so ganz prickelnd war, aber es ist ja noch nicht vorbei.

Das Kapitel im Schacht war eher für dich enttäuschend, oder?

Dort hatte ich eine gute Zeit. Die Bedingungen waren ganz andere als in Regensburg und Aue ist nicht die Metropole, wo man neben Fußball noch groß was anderes machen könnte und man dann eben Abstriche abseits des Platzes hinnimmt. Der Verein und die Fans haben mich bis auf ein paar mehr Ausreißer als beim Jahn eigentlich gut empfangen und sich auch etwas erhofft. Das dortige Trainerteam hat nicht auf mich gebaut, was bei mir auf Unverständnis stößt, da ich schon mit einer anderen Ambition und Vorstellung dorthin gewechselt bin. Und dementsprechend war es nicht sehr schön, aber auch dort habe ich auch Freunde gefunden und hatte beispielsweise mit Prince Owusu eine gute Zeit. Nach dem Abstieg wollte ich meine Brötchen weiterhin dort verdienen, dennoch war es auch unter Timo Rost nicht sehr einfach, ich denke, die Vereinsführung hatte da auch etwas reingespielt und oft habe ich für alles auch ohne Spielminuten die Schuld bekommen. Es war trotzdem eine coole Erfahrung, auch mal aus Bayern herauszukommen, aber auch die Rückkehr in die bayerische Heimat war schön.

In Bayreuth kam für dich der Spaß am Fußball zurück?

Ja, die Jungs, die ich kennengelernt habe, ehemalige Spieler aus Liga 2 sowie Liga 3, sind Freunde geworden, deswegen ist es gut wie es ist und mich stört nichts. Ich bin froh, in der 3. Liga spielen zu können und gehe vom Klassenerhalt und von einem weiteren Jahr dort aus.

Du bist Halb-Amerikaner – wäre das Ausland zum Beispiel die MLS für dich was gewesen?

Es wäre auf alle Fälle eine Option gewesen. Hätte jemand aus der MLS angefragt, als ich Aue verlassen habe, dann wäre ich dorthin gegangen, aber trotzdem muss man sich zweimal überlegen, ob man für eine Aufgabe außerhalb Deutschlands alles hinter sich lassen möchte.

Welcher Verein würde dir denn am meisten in den Vereinigten Staaten zusagen?

Meine Wurzeln liegen in Louisiana, aber dort fällt mir kein Verein gerade aus der Nähe ein. Allerdings kenne ich einige Kollegen aus der Nationalmannschaft, die unter anderem bei LAFC spielen oder auch ein Erik Thommy spielt bei Kansas, also gibt es schon einige Vereine. Ein Leben in den USA wäre eine Erfahrung für sich und bestimmt cool gewesen, aber wer weiß was noch möglich ist.

Möchtest du den Jahnfans noch was sagen?

Ich will mich bedanken für die 6,5 Jahre, die ich in Regensburg verbringen konnte und in denen ich, wie ich bereits gesagt habe, meinen Teil zu dieser großartigen Entwicklung beitragen durfte. Der Jahn war ein geiler Verein und durch den Fortschritt der letzten Jahre ist er noch viel geiler geworden, mit der 2. Bundesliga und mit der vielen Tradition, die der Verein mitbringt. Man hat ausgezeichnete Fans, eine unglaubliche Atmosphäre und eine einzigartige Stadt. Ich wünsche euch für die nächsten Jahre das beste und vielleicht, dass es noch höher hinausgeht.

Danke, für deine Zeit!

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