Das ist der Neue

Nun ging es doch ganz schnell: Der SSV Jahn hat heute Nachmittag Joe Enochs als Nachfolger für den entlassenen Mersad Selimbegovic vorgestellt. Doch wer ist der Neue und kann er dem Jahn kurz- wie langfristig helfen? (Foto: Liedl/SSV Jahn)

Dass Joe Enochs einen Tag nach Mersad Selimbegovic’ Entlassung vorgestellt wurden, mag so manchen überrascht haben. Doch nachdem Tobias Werner offenbar nicht erst seit Beginn der Woche über eine Ablösung Selimbegovic’ nachgedacht hatte – nachzulesen in einem Bericht der Mittelbayerischen Zeitung vom Montag – hatte Werner wohl schon das Kandidatenfeld gesichtet.

Mit Enochs übernimmt ein absolut drittligaerfahrener Trainer den Jahn. Zwischen 2015 und 2017 trainierte er die Profis des VfL Osnabrück sowie von 2018 bis Anfang des Jahres den FSV Zwickau. Der in den USA geborene Coach ist eine Vereinslegende der Osnabrücker: Zwischen 1996 und 2008 bestritt er 376 Pflichtspiele für den VfL und ist damit Rekordspieler. Direkt nach Karriereende begann Enochs als Trainer bei der Zweitvertretung des Vereins zu arbeiten, arbeitete sich als Co-, U19- sowie Interimstrainer bei den Profis hoch – eine Parallele zu Selimbegovic’ Weg beim SSV Jahn.

Beim FSV Zwickau machte Enochs zuletzt fast fünf Jahre aus bescheidenen Möglichkeiten vergleichsweise viel. Die notorisch klammen Sachsen führte er viermal hintereinander zum Klassenerhalt in Liga 3 (Platzierungen: 7. / 16. / 10. / 10.). In dieser Saison jedoch wurde Enochs auf Tabellenrang 17 stehend Anfang Februar beurlaubt. „Nach zwei sieglosen Heimspielen zum Jahresstart gegen direkte Konkurrenten und aufgrund einer stagnierenden Weiterentwicklung unserer Mannschaft sehen wir unser Saisonziel Klassenerhalt in akuter Gefahr“, hieß es in der Zwickauer Pressemeldung zum Abschied. Der Trainerwechsel hat sich für die Sachsen jedoch nicht ausgezahlt: Stand heute ist der FSV punktgleich mit dem Letzten Tabellen-19. und wird so aller Voraussicht nach den Gang in die Viertklassigkeit antreten.

(Foto: Karina Hessland-Wissel/Getty Images for DFB)

Twitter-User aus Osnabrück und Zwickau beglückwünschten den Jahn am Nachmittag zur Verpflichtung eines „geradlinigen“ und „ehrlichen“ Trainers. „Absolutes Vorbild und bringt Mentalität in jede Mannschaft“, schreibt ein weiterer User. Andere Stimmen in den sozialen Medien sind skeptischer, ob Enochs nach Regensburg passt. Manch einer hätte sich einen anderen Namen gewünscht, zu lesen waren neben dem unvermeidlichen Michael Köllner auch eine Rückkehr von Achim Beierlorzer. Enochs wird als Billiglösung kritisiert, als Drittligatrainer für eine Mannschaft, die möglicherweise bald in der dritten Liga spielen wird.

Fakt ist: Seine Bilanz in Zwickau ist nicht überragend, aber angesichts der Möglichkeiten dort mehr als respektabel. In gewisser Weise sind die Standorte Regensburg – auf einem anderen Niveau – auch vergleichbar: Der Jahn zählt in Liga 2 zu den Teams mit dem geringsten Etat und wäre wohl selbst in Liga 3 nicht ganz an der Spitze der Geldtabelle zu finden. Enochs wird nachgesagt, dass er eine Mannschaft motivieren und führen kann, was genau die Tugenden sind, die der Jahn derzeit braucht.

Denn für den SSV geht es jetzt um alles im Abstiegskampf. Vielleicht ist es auch schon zu spät, aber ganz unmöglich ist eine zweite Chance über den Umweg Relegation auch nicht. Voraussetzung: Enochs muss die richtige Ansprache finden und genau an den richtigen Stellschrauben drehen. Die Aufgabe gegen den aufstiegswilligen HSV ist maximal schwer.

Und wenn es für den Jahn nach sechs Jahren in der zweiten Liga hinuntergehen sollte, wäre Enochs ein Trainer, der die dritte Liga aus dem Effeff kennt. Ob er ein Trainer wäre, mit dem man die ambitionierten Ziele in Liga 3 packen könnte, ist derzeit nicht seriös beantwortbar. Hierfür sind beim Jahn viel zu viele Unbekannte vorhanden – denkt man allein an die auslaufenden Verträge eines Großteils der Spieler. Enochs wird sich ohnehin erst einmal nur auf die kommende Aufgabe konzentrieren. Beim ersten Training am Mittwochnachmittag hat er Trainingsbeobachtern zufolge intensive Einzelgespräche mit Führungsspielern wie Breitkreuz, Singh und Saller geführt. Die Stimmung soll vergleichsweise positiv gewesen sein. Das lässt für Sonntag hoffen – mehr können Jahnfans derzeit ohnehin nicht tun.

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