Abgefälschte Flanke und Konterfußball sorgen für Sieg & Vorschau auf Sonntag

Die variable und hohe letzte Linie war die Basis für den Erfolg der Jahnelf gegen Mannheim, der Konterfußball über die Flügel die Vollendung. (Mitarbeit: Tom und Kittenkurmler – Foto: Gatzka)

Der Spielbericht

Vor gut 6800 Zuschauern im Jahnstadion war die Jahnelf von Anfang an hellwach und lief, wie in den letzten Wochen gewohnt, hoch an. Die Startelf hatte sich im Vergleich zum Auswärtssieg in Aue nicht personell geändert, so kamen die Rothosen gleich gefährlich vor das Tor der Model Elf.

Die Schüsse von Diawusie (6.) und Viet (25.) waren allerdings zu unpräzise. Die Abwehrreihe der Domstädter ließ im Kollektiv, bis auf den Schuss von Arase (38.), nahezu keine gefährlichen gegnerischen Torchancen zu. Doch kurz vor der Halbzeit geschah das erste Tor dieses Abends, in einer Phase, in der man es nicht erwartet hatte. Faber tankt sich auf der rechten Seite von der Mittellinie bis zum Strafraum durch, seine Flanke wird durch Sechelmann abgefälscht und senkt sich unhaltbar in die Maschen (41.).

Mit der Führung im Rücken ging es nach der Pause unterhaltsam, aber nicht übermäßig spannend weiter. Der doppelte Wechsel zur Pause half den Mannheimern, ihr Spiel ein wenig zu beleben. Einige Halbchancen, u.a. durch Okpala (50., 70.) und Herrmann (77.) konnte die Defensive der Domstädter vereiteln. Schließlich fiel das 2:0 erneut nach einem starken Sprint von Konrad Faber. Zunächst zieht Kother durchs Zentrum, spielt auf den ihn rechts überholenden Faber und dieser vollendet den Konter mit einem für einen Verteidiger äußerst souveränen Schuss (83.). Das Spiel war damit entschieden, die Jahnelf hätte sogar noch durch Hottmann (89.) oder Kother (92.) erhöhen können, es blieb aber beim verdienten Zwei-Tore-Erfolg.

Die Analyse zum Spiel

Der 1. Übergang (Ballgewinn)

Es ist wohl der Moment, der das Spiel des Jahn wie kein anderer definiert: der Ballgewinn. Die Philosophie sagt eindeutig aus, dass man in diesem Augenblick sofort den vertikalen Weg in Richtung Tor suchen muss, dies konnte man phasenweise auch beim Spiel gegen Waldhof erkennen. Vertikale Läufe markieren den Beginn des Konters, doch bei hohem Pressing des Gegners, wurde nur ein unkontrollierter Befreiungsschlag gewählt, der Konter damit dahin.

Doch wie sind die Konter aufgebaut? Meist wird der Ball im zweiten Drittel gewonnen, aufgrund der Besetzung im Zentrum oft dort, wodurch dort der Beginn des Konters ist. Der Ball wird durch „Übergangsspieler“ wie Rasim Bulic nach vorne getragen, ehe man den Ball in die Spitze sucht. Dabei wird der Flügel präferiert, während Diawusie eher direkte Bälle für 1 gegen 1 Duelle bekommt, sucht man überwiegend tiefe Bälle in den Halbraum. Auch Noah Ganaus suchte in Umschaltmomenten ballnahe Räume, um wiederum Räume für einrückende Flügelspieler zu öffnen.

Essenziell ist auch das Nachrückverhalten in diesen Spielzügen, denn was hilft dir der vielversprechendste Konter, wenn am Ende der Stürmer alleine auf die Dreierkette zustürmt? Na, kommt euch die Szene bekannt vor? Genau das ist gegen Mannheim passiert. Ganaus erhält den Ball, sprintet vertikal in Richtung Tor, doch gerade überlaufende Flügelspieler fehlten, so verlor er den Ball. Woran liegt das? Das liegt hauptsächlich am 4-2-3-1-System, das große Abstände zwischen den Flügelspielern und den Außenverteidiger kreiert, diese müssen in bestimmten defensiven Situationen geschlossen werden, so dass die Flügelspieler nach hinten rücken. Logischerweise fehlen sie dann bei Vorstößen.

Das Spiel im geordneten Ballbesitz

Gelingt dann doch kein Konter, dann zieht man sich auch vorsichtig zurück und sucht den horizontalen Spielaufbau. Die Außenverteidiger schieben infolge symmetrisch nach vorne, gleichzeitig bewegt sich Andi Geipl etwas versetzt zu den Innenverteidigern, um die Restverteidigung zu sichern. Das zentrale Mittelfeld bewegte sich sehr dynamisch, Rasko Bulic schob für eine Überladung ballnah auf eine Seite, dazu tauschte man die Positionen. Wieso machte man das? Um die Mannorientierung sowie die Isolation von Chrille Viet zu lösen und ihn so wieder mehr in die Rolle als kreativer Nadelspieler zu bringen. Enochs’ Taktik, die äußeren Räume zu überladen, währenddessen das Zentrum als Ankerpunkt im Ballbesitz zu sehen und auf den Außenbahnen 1-gegen-1-Situationen zu schaffen, kommt Viet sehr entgegen. Zu dessen Stärken gehören seine Übersicht, seine Passstärke und, wie er bereits gezeigt hat, seine Abschlussstärke. Doch er hatte Probleme, sobald ihn der Gegner vom Spielaufbau isolierte, dies kann man mit diesen Rotationen lösen.

Trotz der vorsichtigen Herangehensweise wählte man zur Spielauslösung einen Ansatz mit schnellen und hohen Bällen, so wurde, anders als beim direkten Spiel, auch direkt Noah Ganaus gesucht. Doch Ganaus ist nicht Typus Wandspieler, verlor einige Duelle in der Luft. Gewann er sie, dann fehlten die überlaufenden Hinterleute oder ballnahe Flügelspieler. Die erste Reihe (IV) wählte noch ein langsameres Tempo, auch um das Pressing des Gegners anzuziehen und Räume zu suchen, daraufhin sollten die Außenverteidiger den Übergang schaffen. Im letzten Drittel verhielten sich die Flügel invers (= nach innen ziehend), während die Außenverteidiger überliefen, gleichzeitig sollten Spieler wie Viet den Rückraum suchen. Dabei stand man breit und es wurden häufig Läufe auf den kurzen Pfosten gewählt

Mannheim lenkte das Spiel mit dem Pressing auf eine Seite, daraufhin wollte man den Außenverteidiger mittels Raumverengung unter Druck setzen, doch der Jahn ließ es nur vereinzelt zu diesen Situationen kommen.

Die Spielanlage des Jahn ist auf vertikales Direktspiel ausgelegt, auch der Ballfluss sowie die „first touches“ waren für das Spiel geeignet, dennoch ließ man sich vom hohen Angriffspressing des Gegners teils zu sehr verunsichern und die Szenen erinnerten an England in den 90ern. Lange Bälle sind per se kein Kontra-Punkt in der Philosophie, doch dafür fehlen oft die Räume hinter der gegnerischen Kette. Diagonale Läufe hinter die Kette, wie es Mannheim getan hat, könnten ein Problemlöser sein, da man die letzte Reihe eher unauffällig anlaufen kann, ehe man sich aus dem Deckungsschatten löst.

Der 2. Übergang (Ballverlust)

Qua Philosophie sucht man nach dem Verlieren des Balles das Gegenpressing, doch jeder weiß, das ist nicht so einfach wie in FIFA. Die Abstände müssen passen, es muss gemeinsam entstehen und man muss den richtigen Moment finden, ehe man sich in das gewohnte Pressingsystem zurückbegibt. Der Jahn ging häufig ins Gegenpressing, doch das Hauptziel war nicht das Gewinnen des Balles, sondern das Stören des Angriffsablaufes. So wollte man Mannheim nicht hinter die letzte Reihe mit ihren langen Bällen auf die schnellen Stürmer kommen lassen.

Es war also eher eine vorsichtige Herangehensweise, dazu stellte man die Passwege zu, also ein optionsorientiertes Gegenpressing. Gerade Noah Ganaus fiel mit guten Laufwegen im Gegenpressing auf. Das Tempo, mit dem er in die Zweikämpfe geht, ist enorm.

Doch wer sichert ab, wenn das Gegenpressing überspielt wird? Die IV, ein AV sowie Geipl rücken nur in absoluten Notfällen aus ihrer Position. Gerade Bulic machte aber wichtige Zweikämpfe, verteidigte jedoch aggressiv nach vorne, was sehr risikoreich ist.

Das Spiel in geordnete Defensive

Aufgrund des hohen Pressings muss man auch eine hohe Abwehrreihe aufstellen, dazu ließen sich im Laufe des defensiven Spiels Bulic und Geipl fallen und auch die Außenverteidigung orientierte sich defensiver. Diese hohe Reihe kann gerade bei langen Bällen oder 1-gegen-1-Situationen vor der Reihe extrem gefährlich werden. Unter Selimbegovic ging man auch in ein aggressives Angriffspressing, fuhr aber daraufhin einen tiefen Block auf. Doch Enochs wählt eine risikoreichere Variante, deswegen ist man auch auf eine hohe Positionierung von Felix Gebhardt angewiesen. Verteidigt die Innenverteidigung nach vorne, dann besteht die Gefahr, dass man bei geschicktem Offensivspiel plötzlich überspielt wird. Dann muss Gebhardt schnell reagieren. Man wird Lehrgeld im Laufe der Saison zahlen müssen. Mannheim war dafür zu ungefährlich, was nicht für die Offensivtaktik von Rehm spricht. Erst als Gouras die Räume vor der Kette ausnutzen konnte, wurde es auch mal gefährlich.

Systematisch bedingt hatte man aber Probleme mit der Doppelbesetzung der Flügel (siehe oben), dafür mussten die Flügelspieler sich fallen lassen und/oder Bulic horizontal abkippen. Presste man aus dem System heraus, war es manngebunden, das heißt jeder Spieler hatte einen Gegenspieler. Dadurch wurde der flache Dreier-Aufbau des Gegners gekappt und man musste zwangsläufig auf die Außenverteidiger ausweichen. Diese waren der Pressingtrigger für die Flügelspieler, das Ergebnis waren Befreiungsschläge, um die Steil-Klatsch-Aktionen von Abifade zu unterbinden.

Die Innenverteidigung spielte ebenfalls mannorientiert, man suchte also einen Gegenspieler. Abifade und Herrmann versuchten zwar sich zu lösen, doch der Jahn schaffte die Übergabe und die Verfolgung bei Läufen in den Halbraum problemlos. Zusammengefasst kann man sagen, dass das Mannheimer Offensivspiel kein Problem für den SSV Jahn war, dennoch wird diese risikoreiche Variante noch spannend zu beobachten sein.

Fazit

Das war unbedingt kein erfolgreicher Tag für Mannheim und Rüdiger Rehm, die in der bisherigen Saison eine eher mittelmäßige Leistung abrufen. Der Jahn hingegen feiert einen wichtigen, am Ende auch ungefährdeten Sieg. Die Umstellung vom Mittefeldpressing in Aue wieder auf das Angriffspressing erwies sich als voller Erfolg, die Mannorientierung ist die Kirsche auf der Torte. Rehm war sichtlich auf der Pressekonferenz (unten) angefressen, da seine Mannschaften aus den bestehenden Ansätzen nur sehr wenig machte. Einzige Hoffnung aus dem Spiel beim Jahn ist der Ex-Regensburger Gouras, der einen guten Eindruck hinterließ.

Vor allem wurde am Mittwochabend aber deutlich, dass der SSV Jahn eine sehr flexible Mannschaft ist und man sich auf den Gegner einstellen kann. Die Chancenerarbeitung war sehr gut, die Verwertung ausbaufähig – dennoch macht das Spiel Freude auf mehr.

Die Stimmen zum Spiel

Konni Faber zu seinen Siegtreffern: „Ich freue mich, auch wenn das erste Tor ein Eigentor war, dass ich der Mannschaft helfen konnte und wir so mit Sicherheit in die Kabine gingen. Dann haben wir das 2:0 nachgelegt und dann hatte man auf dem Feld nicht mehr das Gefühl, es könnte noch was anbrennen. Und ich denke, dass das sehr wichtig ist.“

Andi Geipl zum wichtigen Erfolg: „Wir hätten zwar noch zwei Tore mehr machen müssen, aber wir freuen uns, dass wir gewonnen haben und die drei Punkte in Regensburg bleiben. Was wir uns vorgenommen haben, konnten wir umsetzen.“

Andi Geipl zu Felix Gebhardt: „Für den Torwart ist die weiße Weste immer gut. Am Sonntag hat er uns die drei Punkte gerettet und heute auch wieder mit dem letzten Schuss, wo er gehalten hat. Das muss man einfach sagen, dass wir mit Felix einen super Torwart hinten drin haben.“

Der Blick auf den nächsten Gegner

Der nächste Gegner der Jahnelf ist niemand geringerer als der FC Ingolstadt 04. Am Wahlsonntag (Geht wählen!) um 19:30 gastieren unsere Jungs erneut im Audi Sportpark. Dieses mal ist es Zeit, dass die Punkte die Donau hinauf mit nach Regensburg wandern, der größten deutschen Stadt an der Donau übrigens.

Christian Viet sagte es nach dem Spiel gegen den SV Waldhof Mannheim: „Ich glaube, wir hätten dort (im Totopokal) schon gewinnen müssen.” Da möchten wir ihm alle zustimmen, wenn es zu „koa Derby“ nach Ingolstadt geht.
Die Mannschaft von Cheftrainer Michael Köllner ist aktuell in einer grundsoliden Verfassung. 3 der letzten 4 Spiele konnten, teilweise deutlich, gewonnen werden. Zuletzt setze es in der englischen Woche eine kleine Delle gegen Viktoria Köln. Auch wenn der FCI nur auf Tabellenplatz 10 steht, sind sie nicht zu unterschätzen.
In den letzten Aufstellungen war zu beobachten, dass die Schanzer zwischen Dreier- und Viererkette hin- und herwechselten. Dies zeugt von einer großen Flexibilität des Teams.
Bei einer Dreierkette war die Formation grundsätzlich ein 3-4-2-1. Dieses System legt den Fokus erneut aufs Zentrum und setzt dabei unseren Nadelspieler Christian Viet wohl mehr unter Druck. Des Weiteren wird es schwer sein, ordentliche Kombinationen auszuspielen, was unserer Mannschaft sowieso schon schwerfällt. Jedes System hat jedoch auch Schwachstellen, so auch hier. Offensiv kommen wenige Spieler zum Einsatz, was das Ganze leichter zu kontrollieren macht. Die Außen können geschwächt sein, sollten offensive Mittelfeldspieler agieren. Dies ist für unsere Außen die Möglichkeit zuzuschlagen.
Bei einer Viererkette war die Formation grundsätzlich ein 4-2-2-2. In diesem System ist es genau anders als im vorherigen. Durch Stürmer und offensive Mittelfeldspieler, die ausschließlich offensiv denken, können hier Überraschungsmomente von Spielern wie Jannik Mause leichter kreiert werden. Im Mittelfeld herrscht aufgrund der Grundordnung eine gute Dichte trotz vieler offensiver Spieler. In diesem System sind die Flügel teilweise auch nur durch die Außenverteidiger besetzt, welche man aber zermürben kann. Jedoch dürfte Leon Guwara, der ehemalige Jahnspieler, eine gute Kondition von seiner Zeit bei uns mitgebracht haben und dementsprechend gut mithalten.

Und was denken die Schanzer-Fans so? Wir haben uns einmal in Social Media umgesehen:

Auf Instagram wurde unter einem der letzten Beiträge betont, wie wichtig das Spiel ist. So schrieb z. B. ein User: „Nichts verloren. Wichtig wird nen sieg gegen regensburg“.
Wieder ein anderer verbreitete Euphorie und Kampfgeist: „Egal voller Fokus auf das Donauderby gegen Regensburg. Wir fetzen die weg am Sonntag. Wir stehen hinter euch, egal was kommt. Nur der FCI ist Derbysieger❤️🖤❤️🖤❤️🖤❤️🖤“ (Kotzreiz)
Auf Facebook betonte ein Nutzer auch nochmal, dass das Spiel einen hohen Stellenwert für die Ingolstädter hat: „Nächstes Spiel viel wichtiger als das da heute“

Insgesamt äußerten sich nicht viele Nutzer bereits zum vorherigen Spiel. Allerdings gab es, neben einem Gewinnspielpost, noch keine nennenswerten Beiträge zum Duell gegen unseren Jahn.

Grüße ins Audiwerk
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