Die Oberpfalz ist in vielerlei Hinsicht vernetzt. Und somit dürfen wir uns diese Woche über einen Gastbeitrag von Tobias Daniel aus Saarbrücken bedanken, der einst mit Tom die Schulbank drückte. Tobias ist, auch wenn er hier bei uns aufwuchs, ein Saarländer durch und durch und schon seit dem ich ihn kenne Fan des 1. FC Saarbrücken. Wir wünschen euch viel Spaß bei der Vorstellung seines Vereins. (Autor: Tobias Daniel)
„Einst in Mailand gespielt. Und Monaco besiegt, in Europa bekannt und Erfolge erzielt, auch in dunkelster Zeit stehen wir dir immer bei, unser Fußballklub von Neunzehnnulldrei“
So hallt es oft durch unsere Virage Est (zu Deutsch: Ostkurve) und zeigt, welch traditionsreicher Club der 1. FC Saarbrücken ist. Hier möchte ich euch Regensburgern ein wenig aus der Geschichte unserer „Ostfranzosen“ erzählen.
Meister ohne Titel
Das Saarland galt von 1947 bis 1. Januar 1957 als französisches Protektorat, was dazu führte, dass der FC Sarrebruck in der Saison 1948/49 wertungsfrei in der zweiten französischen Division antreten durfte und sogar Meister wurde. Inoffiziell versteht sich, auch versteht sich, dass die Teilnahme im darauffolgenden Jahr untersagt wurde, allen voran durch den Widerstand des Rivalen Straßburg, die – wie man es heute sagen würde – ein wenig „salty“ waren.
Was aber auch nicht schlimm war, denn so kam es 1951 zum Freundschaftsspiel gegen die „Königlichen“ in Madrid. So wurde man die erste deutsche Mannschaft, die Real schlug – mit einem imposanten Ergebnis von 0:4. Selbst die Heimfans verneigten sich vor dieser Leistung und Fifa-Präsident Jules Rimet sagte die berühmten Worte, wir wären die „interessanteste Fußballmannschaft Europas“.
Europapokal der Landesmeister aka Champions League
Als saarländischer Meister hatte der FCS die Ehre, im allerersten Europapokal der Landesmeister antreten zu dürfen, gegen den AC Mailand, wie ihr aus dem Fangesang erahnen könnt.
Am 1. November 1955 sahen 18.000 Fans im Stadio San Siro ein Wechselbad der Gefühle, welches am Ende 3:4 für meine Saarländer ausging. Im Rückspiel wurde das Saarland allerdings von Fortuna verlassen. Aufgrund eines Eigentors in der 75. Minute (1:2) wurden wir final mit 1:4 geschlagen. Mailand wurde im Halbfinale gegen Real Madrid der Stecker gezogen.
Das Märchen von Völklingen
Trotz kleineren und größeren Erfolgen sowie Misserfolgen in der Folgezeit spulen wir in der Geschichte des blau-schwarzen Gründungsmitglieds der Bundesliga vor in die Saison 19/20.
Die „Saarbrigger“ spielen in der Regionalliga Süd-West, der altehrwürdige Ludwigspark befindet sich im Umbau und es muss auf das Herrmann-Neuberger-Stadion in Völklingen ausgewichen werden. Durch den Sieg gegen den Ligakonkurrenten Elversberg im Landespokal war man dazu berechtigt, am DFB-Pokal teilzunehmen.
Eine kurze Warnung…
Folgende Zeilen könnten Traumata wieder ans Tageslicht bringen, denn wie ihr wisst bezwungen wir euch Oberpfälzer in der ersten Runde des Pokals. Was darauf folgte, war ein einzigartiger Fiebertraum der Freude und des Schreibens deutscher Fußballgeschichte.
Grund zur Traurigkeit hattet ihr Rot-Weißen aber nicht, denn mit dem 1. FC Köln, dem Karlsruher SC und Fortuna Düsseldorf wart ihr in guter Gesellschaft derer, die sich uns beugen mussten.
Erst gegen Leverkusen war Schluss, was aber unter anderem daran lag, dass der 12. Mann fehlte, welcher durch den Beginn der Coronapandemie ausgeschlossen wurde.
Wir waren der erste und bis dato letzte viertklassige Verein im Halbfinale des DFB-Pokals und mit Daniel Batz wurde eine Saarbrücker Legende geboren, dessen Rekord von 5 gehaltenen Elfmetern gegen Düsseldorf die Geschichtsbücher und das deutsche Fußballmuseum bereichert.
Die Ludwigspark Legenden
Ganze 3 Jahre dauerte es, bis die beste saarländische Fankultur wieder Pokalluft außerhalb des Landespokals schnüffeln durfte und diese Luft schmeckt 23/24 nach Maggi und Lyoner.
In Anbetracht zu dem, was kommen sollte, fühlt sich der Sieg gegen den KSC nicht mehr nach einer Riesensensation an.
Am 1. November 2023, genau 68 Jahre nach dem Sieg gegen Mailand, besuchte uns der Rekordmeister Bayern München, Champions-League-Teilnehmer und Arroganz-Champion. Doch diese Arroganz gepaart mit einer leidenschaftlichen, kämpferischen, aufopfernden Saarbrücker Mannschaft führte zu einem Aufschrei durch ganz Fußball-Deutschland.
Ein 2:1-Sieg für die Geschichtsbücher und für jeden Saarbrücker im Stadion ein Tag, der für immer in die Seele gebrannt wurde.
Doch das war noch nicht das Ende, denn der Nikolaus brachte den Saarbrückern etwas, und zwar ein Ticket für das Viertelfinale… oder war es Eintracht Frankfurt? Immerhin sind beide Rot-Weiß und schenken wohl gerne. Denn so extrem dominant und souverän wurde der Adler von einem Drittligisten wohl noch nicht gerupft und so wurde der Europapokalsieger von 2022 mit einem 2:0 nach Hause geschickt.
Wohin wir noch kommen bleibt abzuwarten, aber hey, warum aufsteigen, wenn man den Pokal holen kann, auch wenn die Chancen gering sind.
Abschließende Worte
Das war ein kleiner Auszug der damaligen und heutigen Geschichte. Ich könnte noch über den Ludwigspark reden, in dem Queen einst ein Konzert gab, über zahlreiche Spieler und Mythen wie Yeboah oder die Platini-Legende, oder die saarländische WM-Teilnahme 1954.
Genauso über unsere schlechte Ligaposition, der geführten Trainerdiskussion oder das Stadion mit kaputter Drainage und den „Kuhweiden“, die nach aktuellem Stand endlich ausgebaut werden sollen und somit Platz für bis zu 20.000 Zuschauer ermöglichen.
Aber für heute ist es genug, kommt ruhig zu uns. Wie ihr sicherlich gemerkt habt, liegen uns Mannschaften, die zurzeit erfolgreich sind. Fragt mal die Dresdner.
Die Virage Est heißt euch Willkommen in der Blau-Schwarzen Hölle.