Erfolg made am Dorf – der SC Verl

Der SC Verl wird oft nur „die Dorfelf“ genannt. Nur kann man mit Fug und Recht behaupten, dass der SC Verl die Art von Dorfclub ist, wie es sich viele andere Vereine – alleine in der Oberpfalz – wünschen würden. Immerhin dürfen sie auf großer Fußballbühne gegen „die besseren“ Mannschaften des Landes antreten und das auch in Stadien, wo viele tagtäglich von träumen. So auch am Samstag, dem 20.01.2024, wenn die Dorfjungs aus Westfalen in das Jahnstadion kommen und um 14:00 Uhr versuchen, den SSV Jahn zu bezwingen. (Foto: Thomas F. Starke/Getty Images for DFB via Onefootball)

Doch was hat Verl…

…, was viele Dorfclubs nun auch gerne hätten? Sind es die Bewohner der Gegend, die wirklich regelmäßig zu den Spielen kommen und von klein auf ihren Verein unterstützen? Die gute Lage in der Region, welche wirtschaftliche Vorteile bietet? Die Gemeinde, die voll hinter dem Verein und den Visionen steht? Unternehmen aus der lokalen Gegend, die ihr Geld dort investieren? Alles oder nichts davon?
Indessen ist es so, dass die Wahrheit wohl wieder irgendwo dazwischen liegt. Sicherlich, auch andere Dorfvereine wie mein Heimatverein, der SC Ettmannsdorf (heute SV Schwandorf-Ettmannsdorf), haben auch eine gute Lage, aber ist die Oberpfalz am Ende wirklich zu vergleichen mit Westfalen und dem direkt angrenzenden Niedersachen (bzw. der Region Hannover)? Und auch wenn man das noch vergleichen könnte oder möchte, haben andere Vereine aus der Umgebung, die nicht gerade in Vilzing sind, auch Unternehmen auf ihrer Seite, die bereit sind, diese Wege mitzugehen?
Bei den meisten ist die Antwort wohl: Nein
Beim SC Verl ist es bei vielen Dingen aber eher ein ja: Die Region Westfalen alleine hat insgesamt (überschlagen) 8,2 Millionen Einwohner. Der Regierungsbezirk Detmold, in welchem Verl liegt, hat alleine 2 Millionen Einwohner. Die Oberpfalz, 1,1 Millionen. Natürlich gibt es in Nordrhein-Westfalen ein viel größeres Angebot auf einem kleineren Raum, aber es macht doch deutlich, welche Möglichkeiten dort liegen können.
Und eine »dieser Möglichkeiten« oder eher dieser Umstände war der Unternehmer Wolfgang Beckhoff. Dieser übernahm, nachdem der SC Verl 1967 fast abgestiegen war, diverse Positionen im Verein und wandelte ihn so in einen ambitionierten Sportclub um.

Wolfgang Beckhoff

Der Name Beckhoff ist heute immer noch ein großer Teil des SC Verl. Die Beckhoff-Gruppe, die entstand, als nach dem Tod des Gründers das ursprüngliche Unternehmen aufgeteilt wurde, ist heute noch Sponsor des Vereins.
Geboren am 09.08.1939, hatte er keinen goldenen Löffel bei seiner Geburt, erzählte er in einem Interview. Er begann auch nicht als erfolgreicher Unternehmer, sondern absolvierte erst eine Ausbildung zum Frottee-Weber nahe seiner Heimat. Mit 21 machte er sich selbstständig und war in der Branche für Rollladen und deren Zubehör zuständig.
Wohl aufgrund seiner Ecken und Kanten, wie ihn der Sportclub Verl beschrieb, schaffte Beckhoff es, bald die Generalvertretung für eine italienische Firma zu übernehmen. Im Abschiedspost des SC Verl wird er als Mensch beschrieben, der manchmal mit dem Kopf durch die Wand ging, aber seine Ziele immer mit voller Energie verfolgte. Wahrscheinlich wagte er deshalb 1960 den Schritt, die Firma Alulux zu gründen, welche er erfolgreich führte und im Jahr 2012 verkaufte.
Doch Beckhoff war leidenschaftlicher Fußballfan. Und er war sehr heimatverbunden. Wie bereits erwähnt, übernahm er 1967 als Vorsitzender das Ruder und formte einen Verein vom beschaulichen Verl zu einem Spitzenverein der Region.
Dabei geholfen hatte wohl, dass er den SC Verl gelebt hat wie kaum ein anderer und er die Nähe zu den Trainern, Spielern und auch zu den Fans suchte. Laut Berichten soll er sehr gesellig gewesen sein und gerne mal ein oder mehrere Bierchen getrunken haben.
Wie deutlich sein Einfluss als Vorsitzender gewesen sein muss, zeigt folgende Passage aus dem Abschiedsbrief des SC Verl:

Wolfgang Beckhoff war mehr als ein erfolgreicher Unternehmer. Mehr als ein Mitglied und ein Unterstützer des Vereins. Mehr als ein finanzieller Förderer des Sportclub Verl.

Mit Wolfgang Beckhoff verliert der Sportclub Verl den Architekten seines Erfolgs. Einen Macher. Und vor allem einen Freund. Ohne ihn wäre der Sportclub Verl nicht dort, wo er heute steht.


Wolfgang Beckhoff verstarb am 08.09.2022 im Alter von stolzen 83 Jahren. Möge er in Frieden ruhen.

Der Blick in die Statistik

Oft ist es so, dass kleine Vereine »ausbluten«, wenn ihre Spieler gut performen. Größere und vor allem finanzstärkere Clubs locken die Spieler mit Perspektive. Dem SC Verl ist dies bewusst und deshalb sind in die Verträge der Spieler Ausstiegsklauseln eingearbeitet. Anders wäre es wohl schwer, Spieler von einem Engagement beim SC Verl zu überzeugen.
Dass dies eben solche Vereine trifft, durfte Verl gerade diese Winterpause schmerzlich erfahren. Der Kapitän Mael Corboz wurde vom Nachbarn aus Bielefeld losgeeist (welche sich zu Saisonbeginn schon die Dienste des ehemaligen Trainers von Verl sicherten) und wechselte überraschend zur Arminia. Auch wurde Leihspieler Oliver Batista Meier von seinem verleihenden Verein Dynamo Dresden zurückbeordert, nur um dort vermutlich nie zu spielen. Ob das sein musste? Ich denke nicht.
Wieso wir gerade diese Spieler erwähnen? Batista Meier hatte nicht nur die meisten Tore des Kaders (9), sondern auch ligaweit die meisten Torvorlagen (ebenfalls 9). Dabei kreierte er 13 Großchancen und spielte pro Spiel 3,1 Chancen heraus. Zum Vergleich spielte Dominik Kother 2,2 Chancen pro Partie heraus und Christian Viet kreierte 4 Großchancen. Durch den Abgang von Batista Meier wird dem SC Verl deutlich an Offensivpower fehlen. Ob der SC Verl somit die Statistik von 2 Toren pro Spiel halten kann? Man wird sehen.
Die Verler sind die Mannschaft mit dem meisten Ballbesitz der Liga (59,5 %) und verlieren durch ein genaues Passspiel (81,1 %) kaum den Ball. Der Jahn ist hier am Ende der Tabelle mit gerade einmal 68,6 % erfolgreicher Pässe und einem Ballbesitz von 42,4 %.
Jedoch kassiert Verl viele Tore. Nur 4 Spiele ohne Gegentor stehen zu Buche und 33 Gegentore insgesamt. Damit hat der SC Verl, der mit dieser Anzahl an Gegentoren auf Platz 17 in der Liga liegt, fast doppelt so viele Gegentreffer wie der Jahn (17) zu verbuchen. Eine Schwachstelle?
Das kann man so nicht eindeutig sagen, da sich die Mannschaft der Westfalen in defensiven Statistiken wie Ballabnahmen pro Spiel auf Platz 7 befindet. Insgesamt haben sie pro Spiel 73 % erfolgreicher Ballabnahmen.

Wie ist nun also die Mannschaft von Alexander Ende zu knacken? Das bleibt schwer zu sagen, da die Mannschaft nicht nur ziemlich flexibel war, sondern auch große Verluste hinnehmen musste und sich erstmal selbst neu finden muss. Am Ende wird dem Jahn gut geraten sein, seinen Prinzipien treu zu bleiben und den Verlern seinen Spielstil aufzuzwingen.

Was gibt es vom Kaulbachweg?

Der SSV Jahn hat vorige Woche neben Erik Tallig einen neuen Spieler vorstellen dürfen: Valdrin Mustafa kommt ablösefrei von Viktoria Köln. Der 25-jährige Saarländer ist ein schneller sowie abschlussstarker Stürmer und wird im Kader vermutlich die Rolle des verletzten Erik Hottmann einnehmen. Seine bisherige Statistik in der laufenden Saison lässt zwar zu wünschen übrig, jedoch hat er beim SV Elversberg gezeigt, was er kann und bewiesen, dass er mehr kann als es ihm diese Saison gelungen ist. Wir dürfen gespannt sein.

Am Fangespräch gaben die Verantwortlichen Einblicke in die Vertragssituation und sorgten somit für einige Erleichterungen: Die Spieler, deren Vertrag noch ausläuft, haben alle eine Option, die greift und die Verträge über die Saison verlängert. Außer Konrad Faber, bei dem die Zukunft weiterhin offen ist. Aber wichtig ist, dass Christian Viet und Jannik Graf erhalten bleiben.

Joe Enochs gab auf der Pressekonferenz Einblicke in die Vorbereitung, welche wohl kurz, aber doch intensiv war. Gelobt wurden die Platzwarte, welche dafür sorgten, dass die Mannschaft immer auf Rasen trainieren konnte. Es gab laut Enochs zwei sehr gute Testspiele, in welchen das Trainerteam viele Einblicke gewinnen konnte.

„Der SC Verl steht berechtigterweise da oben, wo sie stehen.“, so sein Ausblick auf die Partie. Man sei zwar immer fixiert auf Batista Meier und Mael Corboz gewesen, jedoch gäbe es einige andere Spieler, die durchaus brandgefährlich sein können. „Nur weil sie zwei Abgänge hatten, dürfen wir sie nicht unterschätzen. Sie haben im Hinspiel ein super Spiel abgeliefert, zu Hause. Natürlich sind wir froh, dass wir das Spiel gewonnen haben, aber wir wissen, dass Verl ein guter Gegner ist“, stand Enochs Rede und Antwort. Er kam jedoch nicht drumherum, mit einem Lächeln auf den Lippen Konrad Fabers 90-Meter-Lauf zum Sieg in der Hinrunde zu erwähnen.

Auf Nachfrage, ob er mit den zufrieden mit den Verstärkungen sei, bestätigte Joe dies klar. Er verwies darauf, dass beide Qualität mitbringen, jedoch auf einem unterschiedlichen Fitnesslevel seien, da Tallig z.B. sehr lange verletzt war und definitiv noch Zeit braucht. Joe Enochs dazu:

„Dass wir einen dritten Stürmer holen war aufgrund der Verletzung von Eric (Hottmann) unabdingbar, Valdrin hat aber eine hervorragende Vorbereitung mit Köln genossen“.

Ausfallen für das Spiel wird logischerweise weiterhin Eric Hottmann. Christian Viet ist angeschlagen, jedoch wäre Niclas Anspach oder eine zweite Spitze eine Option. Außerdem scheint Erik Tallig eine Option und auch Noel Eichinger konnte in der Vorbereitung auf sich aufmerksam machen. Zu einem Einsatz von Valdi gab es keine Angabe.

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