Mit Selbstkritik gegen Aues Rückenwind

Es ist wieder Zeit für ein Heimspiel! Und es ist in gewisser Weise auch Zeit für Wiedergutmachung. Am Samstag um 14 Uhr empfängt unser SSV Jahn Regensburg die Jungs aus dem Schacht, die unter zwei gekreuzten Hämmern versuchen werden, uns weiter nicht zu Punkten kommen zu lassen. Ob es ihnen gelingen könnte und auf eine wichtige Person des Vereins blicken wir mit euch voraus. (Foto: Andreas Schlichter/Getty Images)

Der Blick in den Schacht & den Schachtmeister

Pavel Dotchev – der Schachtmeister

Der Sieg gegen den MSV Duisburg war für Joe Enochs etwas besonderes, denn es war der 100. Sieg als Trainer in der 3 Liga. Damit schloss er sich einem einem elitären Kreis an, waren es bisher doch nur 5 Trainer, die diese Marke erreicht haben. Rekordsieger und auch Rekordtrainer der 3. Liga ist jedoch ein ganz anderer und dieser ist zufällig auch der “Schachtmeister” unseres nächsten Gegners: Pavel Dotchev.
Geboren ist Pavel Dotchev am 28.09.1965 in Sofia. Dort verbrachte er auch seine ersten Stationen als professioneller Spieler im Fußball, unter andrem bei Lokomotive Sofia und ZSKA Sofia. Danach ging es für ihn 1992 schon nach Deutschland. Wie auch Joe Enochs verbrachte Pavel Dotchev die meiste Zeit seiner Karriere bei einem Verein – dem kleineren Nachbarverein von Bielefeld, bekannt für sein Dosenbier.
Dort beendete er auch seine Karriere und wechselte direkt auf den Trainerstuhl. Trotz des Aufstiegs in die 2. Bundsliga wurde sein Vertrag jedoch nicht verlängert – unter Protesten von Spielern und Fans – und Dotchev zog weiter und begann seinen Weg, weswegen ihn einige wohl als “Wandervogel” betiteln würden. 9 Vereine betreute Dotchev bis zu seinem heutigen, erneuten Engagment bei Erzgebirge Aue. Seitdem errang er 137 Siege in 335 Spielen (Stand 05.02.2024).
Pavel Dotchev wirkt auf einige wie ein gutmütiger Großvater. Und tatsächlich wurde er im vergangenen Jahr Großvater eines Enkels. Und zumeist scheint er ein sehr freundlicher und positiver Geist zu sein. Einmal darauf angesprochen, welche Gedanken er über seine Ex-Vereine habe: “Als erste Gedanken an meine Ex-Vereine fallen mir im Zusammenhang mit Ereignissen und Personen immer positive Dinge ein. Bei Sandhausen war es Präsident Jürgen Machmeier. In Köln sind es zum Beispiel Franz und Mike Wunderlich.” (Pavel Dotchev vor Viktoria Köln)

Es war eine schwierige Entscheidung, weil mir das alles hier viel bedeutet

Pavel Dotchev bei seiner Freistellung, Dótchev tritt zurück

Dass diese Art auch sehr gut bei den Menschen ankommt, sah man gegen Ende seines Engagments bei Aue im Jahr 2017.

Du bist ein Ehrenmann und hast Würde und Charakter gezeigt. Er verlässt den Verein durch die Vordertür.

Präsident Helge Leonhardt, Dótchev tritt zurück

Ob Dotchev vielleicht ein Vorbild für Achim Beierlorzer war? Immerhin ist Dotchev kurzzeitig von der Positon des Trainers auf die Position des Sportdirektors gewechselt. Mittlerweile ist Dotchev jedoch auf die Trainerbank zurückgewechselt. Etwas, was Achim Beierlorzer aktuell hoffentlich nicht vor hat.
Was man also sagen kann: Mit Pavel Dotchev hat Aue einen sehr menschlichen, positiven und kompetenten Trainer, der viel mit dem Club verbindet und dem der Club auch tatsächlich wichtig ist. Quasi deren Joe Enochs, nur mit etwas mehr Historie, aktuell.
Um nochmal auf den Rekordtrainer einzugehen: Die fünf Trainer mit 100 Siegen waren Joe Enochs, Pavel Dotchev, Stefan Krämer, Rüdiger Rehm und Jens Härtel. Dabei hat Jens Härtel im Vergleich mit 48% die meisten seiner Spiele mit einem Sieg abgeschlossen, Enochs 35% und Dotchev, der viele Vereine vor dem Abstieg bewahrte, nur 29%.

Einen guten Schachtmeister zeichnet am Ende jedoch auch die Erfahrung aus. Und davon bringt Pavel wie bereits erwähnt einige mit.

Zum Schluss möchten wir euch noch die Antwort auf die Frage “wie er Pavel Dotchev findet” von Aue Fan David zeigen: “Pavel ist ein Spitzentrainer, ich bin der Meinung, er war derjenige, der Aue 2015 zum Aufstieg verholfen hat und auch mit seiner Elf den Sachsenpokal holte. Auch als er wieder als Trainer eingesetzt wurde, hat er frischen Wind in die Mannschaft gebracht und sie wieder nach oben getrieben. Aber leider ist ein Trainer nur so gut wie sein Verein”

Foto: Joachim Sielski/Bongarts/Getty Images

Ein Blick in die Statistik

2023: Platz 14 bei 12 Siegen, 17 Niederlagen und 9 Unentschieden, Tordifferenz von -13 und 45 Punkte
2024 (bisher, vor dem Spiel gegen Dresden): Platz 10, 10 Siege, 7 Niederlagen, 8 Unentschieden, Tordifferenz von +2 und 38 Punkte


Ja, Aue spielt nur eine durchschnittliche Saison, aber die Werte sind wie manch ein Aktienchart aktuell ziemlich bullish. DIe Chancen, diese Saison versöhnlicher abzuschließen als die vorherige scheinen da zu sein. Aktuell stehen bei den Sachsen schon 31 Tore zu Buche, in der Vorsaison waren es 49. Dabei hat man verglichen mit der Vorsaison etwas weniger als die Hälfte an Gegentoren kassiert. Böse Zungen, die mich Ärgern wollen würden, würden behaupten, das liegt daran, dass man Elias Huth zu uns hat ziehen lassen und stattdessen Marcel Bär von den 60ern unter Vertrag genommen hat. Während Elias damals kein Tor in Aue erzielt hatte, hat Marcel Bär bereits 11 Buden und ist somit in den Top 5 der Liga wiederzufinden. Aber man sieht augenscheinlich ja auch, dass die Verteidigung stabiler geworden ist. Oder erlebt Vereinslegende Martin Männel seinen x-ten Frühling?
Schlechter geworden ist er wohl nicht. Auf Platz 4 bei den Spielen ohne Gegentor und auf Platz 7 bei den gehaltenen Bällen in Prozent (71,0%) ist er wiederzufinden. Nur bei den gehaltenen Bällen befindet er sich mit Rang 12 im Mittelfeld. Für seine 35 Jahre ist das definitv keine schlechte Saison.
Aue scheint grundsätzlich eine sehr faire Mannschaft zu sein. Aber es gibt immer jemanden, der heraussticht, in diesem Fall wohl Niko Vukancic mit 10 gelben Karten. Er macht es sich jedoch mit 3 anderen auf dem Podest gemütlich, während auf Rang 2 & 3 Andreas Geipl und Rasim Bulic lauern. Allzu froh sollte der Jahn also nicht sein. Wenn man die defensiven Statistiken durchgeht, fällt das bereits oben Angesprochene auf. Aue ist überall im Mittelfeld zu finden. Sie sind in keinem defensiven Bereich sonderlich schlecht oder sonderlich gut. Sie ist also, wenn Noah Ganaus einen guten Tag hat, durchaus für ihn zu knacken.

Die Mannschaft aus dem Erzgebirge hat die zweitmeisten Ecken der Liga und liegt denkbar knapp vor unserem SSV Jahn in dieser Kategorie. Jedoch haben sie nicht nur viele Ecken, sondern spielen auch durchaus sehr viele genaue Pässe (Platz 3 in der Liga) – dabei auch sehr gute lange Bälle (Platz 4) – und haben einen Ballbesitz von 52,2% im Schnitt. Der Gelbsünder Niko Vukancic, der meist in der Innenverteidigung eingesetzt wird, ist bei den zielgenauen langen Bällen ligaweit auf dem zweiten Rang. Auf dem vierten folgt direkt Anthony Barylla sein Teamkamerad. Auch in der allgemeinen Passtatistik ist Vukancic weit oben zu finden, er ist also ein wichtiger Part für den Spielaufbau. Oder eher war: Aktuell fällt er wegen einer Schlüsselbeinverletzung aus. Gut für uns, aber wir wünschen trotzdem eine baldige Genesung.

Eine unrühmliche Statistik für Marcel Bär, der die größte Anzahl an Toren erzielt hat, und seine Kollegen ist die der Großchancen. Aue rangiert auf Rang 4 bei den kreierten Torchancen, jedoch auch auf Rang 6 der vergebenen Großchancen. In der Statistik der Schüsse aufs Tor bzw. der Torschüsse pro Spiel reicht es nicht für die Top 10. Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn sich unsere Jahnverteidigung wieder auf die Leistungen der Hinrunde berufen kann und genauso konzentriert und stark auftritt wie dort, sollten es die Schachter schwer haben, gegen uns anzukommen.

Aue ist ein Team, das aktuell zum Durchschnitt in Liga 3 gehört. Doch der Jahn braucht nicht auf einem hohen Ross sitzen. Die Leistungen der letzten Wochen waren alles andere als eines Tabellenführers würdig und gerade die Leistung gegen Sandhausen lässt hoffen, dass die Jungs sich an der eignen Nase packen und sich diese Woche richtig reinhängen. Was dem Jahn entgegenkommen kann: dass den Auern einige Spieler abgehen. Meines Erachtens kann es gegen Erzgebirge Aue ein Spiel werde, was uns zurück in die Spur hievt und unsere schlechte Phase hinter uns lässt oder es ist ein weiterer Weg in ungemütliches Fahrwasser. Man kann in dieser Situation jedoch nur auf Kapitän Joe Enochs und seine Crew Andreas Patz & Philipp Tschauner vertrauen, dass sie das Schiff richtig durch dieses Wetter lenken. Der erste Maat Andi Geipl mit seiner Truppe sollte die Befehle aber von der Kommandobrücke bitte auf dem Deck umsetzen.
Noch kein Ticket? Dann schnappt euch eins, damit wir die Mannschaft Samstag lauthals unterstützen können!

Neuigkeiten vom Kaulbachweg

Donnerstag wurde vom Jahn wieder zur Pressekonferenz geladen. Dabei gab es das gewohnte Personalupdate. Weiterhin fehlen werden die Langzeitverletzten Eric Hottmann und Erik Tallig. Letzterer wurde am Dienstag erfolgreich operiert. Felix Gebhardt fällt auch weiterhin aus. Oscar Schönfelder hat ein Training absolviert, was ein positives Zeichen gibt, aber man muss abwarten.

Pressesprecher Hannes Liedl freut sich auf eine tolle Kulisse am Samstag. Der Gästeblock ist fast ausverkauft, man rechne mit über 11.000 Zuschauern. Enochs gab auf Nachfrage an, dass er es nur immer wieder sagen kann, dass es für ihn ein Traum ist, vor dieser Kulisse in diesem schönen Stadion zu spielen.

Das ist das, was Fußball ausmacht.

Cheftrainer Joe Enochs

Wie hat die Mannschaft das Spiel gegen Sandhausen aufgearbeitet? Zuerst betonte Enochs, dass man nicht sage “ja, das passiert, alles ok”. Man habe das Spiel aufgearbeitet und sich am Tag danach in die Videoanalyse begeben. Gleichzeitig werde man aber auch nicht alles schlecht reden und sagen, dass alles beschissen ist. “Wir sprechen unsere Fehler an und versuchen diese zu korrigieren. Wenn wir nicht alles richtig machen und es kommt kein Matchglück hinzu, dann passieren solche Spiele und solche Gegentore. Wir werden jedoch nicht unsere Ruhe verlieren. Die Jungs ziehen gut mit, das gibt uns Zuversicht für die Zukunft.”
Die Mannschaft sei sehr selbstkritisch und man gehe sehr sachlich mit der Situation um. Das Trainerteam haue nicht drauf. Man erwarte jedoch die Werte, die den Jahn ausmachen und dazu gehöre auch die Ruhe.

Joe Enochs hob hervor, dass Aue mit viel Rückenwind zu uns nach Regensburg komme. Nicht nur, dass sie das Sachsenderby gewonnen haben, nein, sie haben auch aus 7 Spielen 14 Punkte geholt. Sie arbeiten gut gegen den Ball, setzten Nadelstiche, sind sehr griffig und haben gut gekontert. Gerade das letzte dürfte bei einigen Jahnfans aktuell die Haare zu Berge stehen lassen.
Unser Chefcoach schätzt die Leistungen von Dotchev auch sehr und hat Respekt vor ihm.




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