Alles war diese Saison angerichtet – 12 Punkte Abstand auf den Relegationsplatz, eine kämpferische Mannschaft mit dem Jahn-Gen und dann nach einem wilden Jahr wieder Ruhe neben dem Platz. Am 04. Mai scheint davon zumindest das meiste verflogen, wie konnte das nur passieren? (Foto: Köglmeier)
Seit dem Auswärtssieg in Ingolstadt, spätestens in Münster, war ich mir sicher, dass uns in dieser Form niemand aufhalten kann. Wir überrannten jede Mannschaft, gegen alle Widerstände fiel irgendwie immer in spätestens Minute 90+5 ein Ball ins Tor. Nach all den Rückschlägen in der Abstiegssaison wirkte diese Hinrunde wie ein einziges Märchen. Andi Geipl, der Rückkehrer, würde uns wieder nach oben führen, Bene Saller, mittlerweile ein Urgestein, würde, nachdem er mit Tränen in den Augen vor dem Mikro gestanden war, plötzlich wieder feiern. All das hatte niemand auch nur ansatzweise nach dem Saisonende gegen Heidenheim für möglich gehalten.
Und dort war sie dann in Freiburg, die bereits feststehende Abstiegsmannschaft. Die große Chance für uns, sich wieder abzusetzen. Nach einem verspielten Vorsprung am Ende doch oben stehen. Wir hätten alle gesagt, das sei halt diese 3. Liga. Aber bereits zum Ende der Hinrunde schlich sich die Angst unbemerkt wieder ein – plötzlich war man nicht mehr unschlagbar. Weil der Jahn dann keinen Ausweg aus diesen zunehmenden individuellen Fehlern fand, stehen wir heute da, als hätten wir nie was gewonnen. Zum wiederholten Male in dieser Rückrunde wurde auch gegen Freiburg II absolut unnötig verloren, da zentrale Säulen des Teams entscheidend patzten. Beim 0:1 – wenn man nach einem Ballverlust so ein Zweikampfverhalten an den Tag legt wie Konni Faber möchte ich mir nie mehr als SSV Jahn Intensität zuschreiben, dann beim 1:2 erneut eine schlechte Zweikampfführung, ehe wieder der Rückraum, wie mehrmals in dieser Saison, schlichtweg vergessen wurde. Wir verlieren und gewinnen gemeinsam – aber man muss auch sagen, dass die Leistung bei solch wichtigen Spielen durchaus mehr Formtiefe annimmt als zur Mitte der Saison.
Bis zur 45. Minute war ich sprachlos, denn ich weiß doch, was diese Mannschaft kann. Stundenlange Analyse, aber dieser Tage zeigen mir, wenn der Kopf nicht stimmt, dann ist Taktik nichts. Ich konnte schlichtweg meinen Augen nicht trauen, dass Basics wie Zweikampfführung oder wirklich einfache Pässe zu großen Problemen wurden. Spieler wie Andi Geipl oder Bene Saller gingen zur Halbzeit runter, danach wurde das Spiel frischer, plötzlich war wieder Intensität drin, am Ende fehlten diese Säulen aber wieder – die fehlende defensive Stabilität kostete uns den Sieg. Es ist sicherlich gut, wenn ein Spieler das Vertrauen des Trainers erfährt, aber wenn der Spieler dieses Vertrauen dann Spieltag um Spieltag nicht zurückzahlen kann, dann darf schon die Frage erlaubt sein, warum man dieses Vertrauen nicht auch mal einem anderen Spieler schenkt – dabei fielen mir heute auch wieder Noah Ganaus sowie Konrad Faber ins Auge, wobei man auch andere nennen könnte. Beide sind Spieler der Extraklasse in dieser Liga, passen sehr zum Jahn und seiner pressingbezogenen Philosophie, aber oft treffen sie ihre Entscheidungen zu hastig und kopflos, das kann in diesen Spielen tödlich sein. Natürlich muss Enochs weiter denken, seine Entscheidungen auch nach der Gegneranalyse richten und nach dem Training. Aber es wirkt schon fast wie eine Vertrauensfrage an die Kaderplanung, wenn ich zum Beispiel einen Elias Huth draußen lassen muss, da sonst sein Impact nach Einwechslung fehlt.
Dem Jahn gelang es dann nicht, obwohl man es wieder einmal in der Hand hatte, einen zweiten Treffer nachzulegen. Am Ende fehlte schlichtweg die Geduld nach mehreren versiebten Chancen, dann kamen die Konter verbunden mit schlechtem Gegenpressing und aus einem fast gedrehten Spiel wurde ein Alptraum. Es fehlt seit Wochen die Gier, die Intensität – im Pressing wie im Umschaltspiel, und ohne Intensität haben wir auf dem Platz keine Identität. Heute sah man es wieder: Wo wir vor ein paar Monaten noch ohne Probleme den vertikalen Weg fanden, spielen wir heute einen langen Pass ins Nirgendwo. Ich war der festen Überzeugung nach der ersten Hälfte, dass in der zweiten Halbzeit alles besser werden würde, dann war ich überzeugt, es zu packen. Am Ende bleibt nur die Frage: War es das mit dem Traum von Liga 2?
Bislang gab es auf dem Weg zur angestrebten Etablierung viel zu gewinnen, man spielte lange über den Möglichkeiten, aber nun hat man plötzlich wieder viel zu verlieren. Aus dem Traum wurde eine Last, die schnell zu einer Krise werden kann. Die nächsten beiden Gegner heißen Viktoria Köln und FC Saarbrücken. Gegen diese Vereine müssen dringend jeweils drei Punkte her, wenn wir nicht auch noch von Platz 3 fallen, denn der direkte Aufstieg liegt seit heute nicht mehr in unserer Hand.
Die Hoffnung stirbt aber zuletzt. Ich muss heute granteln, normal analysiere ich kalt, aber heute war es einfach zu viel. Faktisch haben wir noch alles in der Hand, subjektiv gesehen sind wir aber tot. Aber nicht vergessen: Totgesagte leben länger. Wenn wir aber diesen Vorsprung verspielen, dann wird es vermutlich eine lange Zeit dauern, bis es das Umfeld wie die Mannschaft verarbeitet haben – eine Relegation käme da wohl zu schnell. Es geht nur zusammen, dazu zählt auch, dass man sich gemeinsam, ohne Ausnahme, nach dem Spiel zum Block begibt.
Trotzdem hat die Mannschaft leider versagt und die Chance, dem Traum noch viel näherzukommen, nicht genutzt. Die Fans haben die Spieler nach einem enttäuschenden Spiel wieder aufgebaut – das ist eben Jahn Regensburg. Wir werden nie die Fans sein, die aus dem Stadion strömen, nur weil man einen Traum scheinbar verspielt. Dazu ist es faktisch noch gar nicht vorbei. Wir stehen immer auf – gestern, heute und morgen. Am Ende sitzen wir doch alle im gleichen Boot, nun hilft nur noch Zweckoptimismus, unser Verein kann kein depressives Denken brauchen, gerade weil es noch eine verlängerte Saison werden könnte. Daher gilt jetzt: Wir geben nicht auf, wir packen das, ganz bestimmt, irgendwie…
AUCH IN DUNKELER ZEIT UND IN SCHWERER NOT