Der (Horror-)Spielfilm
Viel hatte sich der Jahn vor Flutlicht im Max-Morlock-Stadion und fast 3.000 Gästefans vorgenommen. Die Jahnelf war gegenüber der Niederlage gegen Düsseldorf auf vier Positionen verändert: Für die gesperrten Wurm und Hein rückten Ziegele und Bauer in die Startelf. Bittroff ersetzte den angeschlagenen Ballas (muskuläre Probleme), Kother stürmte für Kühlwetter.
Doch besser ins Spiel kamen die vom Derbysieg euphorisierten Franken. Ein ums andere Mal drängte die Offensive um Justvan, Tzimas und Emreli, die schon beim 4:0 gegen Fürth brilliert hatten, den Jahn in die Defensive. In der 17. Minute ist es dann so weit: Nach einem Konter ist die Jahn-Hintermannschaft eigentlich schon wieder halbwegs sortiert, Breunig aber klärt direkt in den Fuß von Tzimas, der aus spitzem Winkel ins Kreuzeck schlenzt. Wenig später das 0:2 aus Jahnsicht durch einen Standard: Beim Kopfballduell von Viet mit Jeltsch prallt der Ball zu Emreli, der die Kugel nur noch über die Linie drücken muss (24.).
Doch das Spiel nahm zunächst einen anderen Verlauf als in den vergangenen Wochen. Während sich der Jahn zuletzt immer wieder mühte, aber kein Tor erzielte, gelang an diesem Freitag der schnelle Anschluss. Eine schöne Balleroberung von Kother, Querpass, wuchtiger Schuss von Hottmann unter die Latte (36.) – es kann so einfach sein! Und noch besser: Breunig köpft nach einer Ecke aus kurzer Distanz den Nürnberger Innenverteidiger Knoche am ausgestrecken Arm an. Den Handelfmeter verwandelt Viet sicher (42.). Leider hatte Nürnberg noch vor der Pause eine Antwort parat. Bittroff kann nur unzureichend klären, dann spielt es der Club über Karafiat und Danilo direkt und schön aus, Justvan vollendet per Außenrist (46.).
Puh, erstmal durchatmen. Zwar kassierte der Jahn schon wieder drei Gegentore, aber immerhin gelang es, nach 722 (!) Minuten wieder ein Tor zu erzielen. Und ein zweites gleich hinterher! War doch noch alles drin, oder?
Das dachte man zunächst – vor allem, als tatsächlich schnell das 3:3 gelang. Viet legt quer, Ernst rutscht noch weg, aber Pröger hält aus spitzem Winkel voll drauf (49.). Doch Nürnberg zeigte sich kaum geschockt und wäre durch Emreli beinahe wieder in Führung gegangen (55.). Wenige Minuten später rauscht ein Justvan-Freistoß von der Strafraumkante an der gesamten Jahn-Hintermannschaft vorbei ins lange Eck – 4:3 (59.)!
Dann wieder Einsatz Jahn: Ziegele macht in der 64. Minute per Abstauber das vermeintliche 4:4, doch Kother steht beim Abschluss zuvor im Abseits. Breunig zielt wenige Minuten später per Fernschuss vorbei. Und dann kommt es, wie es kommen muss: Ziegele lässt gegen den eingewechselten Yilmaz das Bein stehen – Elfmeter. Diesen verwandelt Justvan sicher (74.) zum 5:3.
War die erste Halbzeit schon eine Achterbahn der Gefühle, entwickelt sich die zweite danach zum Fiasko. Gebhardt stößt schlampig ab, Justvan legt den eroberten Ball ab und Schleimer vollendet (80.). Der Jahn zerfiel in seine Einzelteile: Drei Minuten später kann Castrop unbedrängt in den Strafraum laufen und durch die Beine von Gebhardt abschließen. Trauriger Schlusspunkt dann ein von Breunig abgefälschter Schuss von Karafiat (91.). 8:3 heißt es am Ende auf der Anzeigetafel – trotz dreier Auswärtstoren ein rabenschwarzer Abend für die Jahnelf. (Flo1889fm)
Stimmen zum Spiel
Alexander Bittroff
Frage: Schwierig wahrscheinlich Worte zu finden, so kurz nach dem Schlusspfiff, aber wie schlimm fühlt sich dieses 3.8 für euch an?
Antwort: Das ist eigentlich nicht in Worte zu fassen. Also ich habe jetzt auch schon viel erlebt in meiner Karriere, so ein Ergebnis jetzt noch nicht. Normalerweise ist es so, wenn man drei Tore auswärts schießt, muss es zumindest zu einem Punkt reichen. Aber aktuell ist es halt so, dass wir viele Dinge schlecht machen, schlecht verteidigen, aber als Gesamtmannschaft entscheidende Zweikämpfe nicht gewinnen oder auch verlieren. Wir haben viel Pech bei Situationen, gerade wo wir das 2:2 machen und wo das 3:2 fällt beim Gegner. Aus nichts entstehen halt viele, viele Chancen für den Gegner. Und das ist halt aktuell das große Thema, dass wir gefühlt zehn Schüsse aufs Tor kriegen und davon sind acht drinnen. Ja, das ist halt sehr, sehr ärgerlich, enttäuschend, frustrierend und auch teilweise demoralisierend für einen selbst. Man hat viel, viel investiert aber trotzdem fruchten gewisse Dinge nicht. Und das ist sehr, sehr bitter.
Frage: Jetzt habt ihr zwar heute die Torflaute beendet, aber dafür eine brutale Packung bekommen. Der Trainer hat alles versucht in den vergangenen Wochen, hat taktisch umgestellt, hat personell umgestellt. Würdest du sagen, dass es so in der Konstellation noch funktionieren kann oder muss man das jetzt einfach auch mal ins Auge fassen, ob man vielleicht eine andere Konstellation braucht?
Antwort: Das sind ja nicht meine Aufgabe, das zu bewerten. Es gibt andere Menschen, die das bewerten. Grundsätzlich ist es so, dass wir auf dem Platz stehen und wir die Leistung bringen müssen. Das ist erstmal die Grundvoraussetzung. Wir trainieren jeden Tag dafür, dass wir am Wochenende Spiele erfolgreich gestalten wollen und unterhalten uns auch über taktische Dinge, die wir vielleicht auch anpassen können. Der Gegner hat natürlich auch seine Qualität, aber das Problem ist halt, wie die Tore fallen. Die sind zu einfach. Es ist ja nicht so, dass der Gegner sich von hinten rauskombiniert, sondern es sind einfache Fehler. Wenn man das erste Gegentor sieht, dann hat man eigentlich eine Flanke von links. Wir verlieren dann den Ball und kommen dann in den Konter. Grundsätzlich sind wir als Mannschaft erstmal gefordert, auf dem Platz die Null zu halten. Dann müssen wir gucken, dass wir auch gerade wenn es das fünfte Gegentor gibt, dass wir dann auch defensiver spielen und dass wir alle nach hinten holen und das Tor verteidigen. Das ist auch Verantwortung übernehmen auf dem Platz. Im Endeffekt kommen wir dann nur gemeinsam raus, als gesamter Verein.
Frage: Ist das alles eher Kopfsache oder Qualität?
Antwort: Wenn der Kopf nicht mitspielt, ist dann auch keine Qualität da. Das muss man auch ganz ehrlich sagen. Wenn dann im Kopf aktuell sehr, sehr wenig Selbstvertrauen da ist und man sich viele Gedanken macht, dann leidet natürlich auch die Qualität jedes einzelnen Spielers. Das ist auch völlig normal. Ich kenne die Situation. Ich bin auch schon mal aus der zweiten Liga abgestiegen. Wir hätten eine super Mannschaft gehabt, aber wenn der Kopf nicht stimmt, dann ist es natürlich auch so, dass Dinge nicht funktionieren. Wenn Selbstvertrauen fehlt, dann ist es natürlich schwierig. Man sieht es auch beim Gegner. Er gewinnt im Derby 4-0 gegen Fürth. Er strotzt vor Selbstvertrauen und macht gefühlt aus wenig viel. Das ist natürlich sehr, sehr bitter für uns.
Eric Hottmann
Frage: Für einen neutralen Zuschauer ein spektakuläres Spiel. Jetzt habt ihr es heute geschafft, eure Torflaute endlich zu beenden. Ihr habt dafür eine brutale Packung bekommen. Du hast ein schönes Tor erzielt. Wie viel Gefühls-Achterbahn ist da bei dir vertreten zwischen “Hipp Hipp Hurra” und “um Gottes Willen”?
Antwort: Unfassbar großes. Leider aber nicht im Positiven. Ich glaube, wie du gerade gesagt hast, wir sind wieder mit viel zu einfachen Gegentoren ins Spiel gestartet. Das passiert uns viel zu oft. Nichtsdestotrotz kommen wir als Mannschaft super zurück. Wir haben uns nach dem 0.2 kurz zusammengetan. Wir haben gesagt, was wir wieder umsetzen wollen: Uns auf unsere Basics konzentrieren, aus der Kompaktheit rauszukommen und alles wegzuverteidigen. Das hat super geklappt. Wir haben den Ballgewinn zum 1:2. Wir haben einen geordneteren, strukturierteren Angriff beim 2:2, wo wir einen Stecker spielen und einen Eckball rausholen. Dadurch entsteht wieder ein Elfmeter. Da hast du als Mannschaft das Gefühl, dass wieder was geht. Das war kurz vor der Halbzeit. Wir haben gesagt, Hauptsache, wir kriegen jetzt kein Tor mehr. Die Phase müssen wir jetzt überstehen und das schaffen wir letztenendes einfach wieder nicht. Dann gehen wir mit einem 2:3 in die Halbzeit, was dann unfassbar bitter ist, weil das jedes Mal dein Momentum wieder zerstört. Wir haben uns in der Halbzeit trotzdem wieder hochgepusht. Wir haben den eigenen Torfluch gebrochen. Da bleiben wir dran. Du kamst trotzdem gut aus der Halbzeit mit dem Tor von Kai, der ihn auch super macht. Und letzten Endes, wie in den letzten vier, fünf Spielen, fällst du in den letzten 20, 30 Minuten wieder komplett auseinander. Das darf uns einfach nicht passieren, weil egal wie viele Tore du machst, du wirst es niemals schaffen, neun Tore zu schießen. Die Tore fallen zu einfach, das darf so nicht passieren.
Frage: Jetzt habt ihr so viele Rückschläge kassiert in den vergangenen Wochen. Ihr habt eigentlich alles probiert, der Trainer, personell, taktisch etc. Was muss jetzt auch noch passieren? Ich weiß, dass man als Spieler jetzt nicht sagen kann, wir brauchen jetzt einen neuen Trainer. Das müsst ihr sicher auch nicht sagen, aber euch ist wahrscheinlich auch bewusst, dass es dann irgendwann doch mal in die Richtung gehen kann, dass es dann vielleicht auch Veränderungen geben könnte.
Antwort: Damit befassen wir uns nicht. Das ist nicht unser Aufgabenbereich. Wir konzentrieren uns auf dem Platz. Unser Fokus muss einfach darin liegen, auf dem Trainingsplatz alles reinzuhauen, vor allem erstmal in die Analyse zu gehen, jedes einzelne Gegentor zu analysieren und zu schauen, wie wir das Ganze besser machen können. Es kann einfach nicht sein, dass du acht Tore kriegst, egal welcher Trainer da draußen steht. Das hat damit meiner Meinung nach nichts zu tun. Da muss man sich an die eigene Nase fassen und als Mannschaft auch mal klare Worte sprechen. Vielleicht müssen wir uns auch mal zusammensetzen. Es wird schwierig, vor allem nach so einem Spiel, richtige Lösungsansätze zu finden. Aber klar ist, dass wir im Training jetzt auf jeden Fall alles daran setzen müssen, wie wir unsere Zweikämpfe führen, wie wir kompakter bleiben und dass wir nicht auseinanderfallen. Bis zur 60. Minute, muss man sagen, machen wir ein gutes Spiel. Klar, wir lagen nicht vorne, aber dadurch holst du vielleicht auch die Zuschauer zurück. Du kannst das Ganze auch mal belohnen und auch Danke sagen für alles, was die Fans jedes Wochenende abliefern, auch heute mit der Kurve mit 3000 Leuten auswärts. Es tut einem einfach auch unfassbar leid. Man sieht es alles und man schätzt es als Mannschaft, aber es tut einfach unfassbar weh, wenn man sowas nicht belohnen kann.
Frage: Zudem gab es am Ende Pfiffe. Was haben die Fans zu euch gesagt?
Antwort: Ich muss sagen, dass ich das zu 100% verstehen kann. Das klingt jetzt vielleicht ein bisschen blöd, aber im Prinzip hätte man es auch schon vor drei, vier Wochen erwarten können. Das Ganze muss man den Fans auch hoch anrechnen, dass sie so lange so positiv bei uns geblieben sind. Ich sehe das jetzt auch nicht unbedingt negativ. Ich glaube, dass du sowas auch mal brauchst. Du kannst in so einer Phase nicht immer nur positiv bleiben. Manchmal brauchst du auch einen auf dem Deckel. Deswegen, wie gesagt, stehe ich zu 100% hinter dem, was die Jungs uns gesagt haben. Es kann nicht sein, dass du als Fußballmannschaft im Profibereich acht Tore kriegst. Das funktioniert so nicht.
Kai Pröger
Frage: Kai, ein klasse Tor gemacht und dann sowas in der letzten halben Stunde. Hast du schon mal so etwas erlebt?
Antwort: Ich glaube, ich habe persönlich noch nie 8 Gegentore gekommen. Ich bin Fußballer, um Spiele zu gewinnen. Um solche Erlebnisse zu haben, wie gerade in so einem Spiel auch wieder zurückzukommen. Eigentlich hast du das Momentum auf deiner Seite. Wir haben die ersten 20 Minuten, glaube ich, verschlafen. Wir sind einfach einen Tick zu spät wieder aufgewacht. Vielleicht ist der eine oder andere ein bisschen verunsichert und findet nicht so ein Spiel, wie das vielleicht sein muss. Dann machen wir das erste Anschlusstor. Auf einmal merkt man, wie einfach der Ruck durch die Mannschaft geht und was wir, wenn Selbstvertrauen da ist, vielleicht auch in der Lage sind zu spielen. Dann kommst du mit dem 3:3 ran und kriegst so ein K*ck Gegentor zum 4:3. Ich glaube, trotzdem war noch die Hoffnung da, dass wir es wieder schaffen, das Spiel zu drehen. Aber wenn dann vielleicht das 5:3 oder 6:3 fällt, dann fehlt vielleicht ein bisschen die Erfahrung und die freien Köpfe kollektiv, um nicht auseinanderzufallen.
Frage: Nach dem Spiel gab es viel von den Fans. Ich glaube, auch ein paar Worte von euch Spieler. Wie hast du die Worte wahrgenommen? Hast du sie verstanden?
Antwort: Da kann ich absolut so mitgehen, was die Fans gesagt haben. Sie haben Recht mit jedem einzelnen Wort, das sie gesagt haben. Ich habe letztes Mal schon gesagt: Wenn man sachlich seinen Unmut äußert, wenn man 8 Gegentore bekommt, dann hast du auch nichts anderes verdient, als jemandem zuzuhören. Wie gesagt, ich bin komplett auf der Seite der Fans. Es ist ein Skandal, 8 Gegentore zu bekommen! Das darf eigentlich nicht passieren. Die haben lange genug Geduld mit uns gehabt und nach 8 Gegentoren völlig zu Recht ihre Kritik geäußert. Das war alles sachlich. Das war zwar laut, aber wie gesagt, sehr sachlich. 2800 sind heute hier gewesen, auf einen Freitagabend. Die Hälfte davon oder wahrscheinlich fast alle, waren heute noch arbeiten, setzen sich dann hier ins Auto oder in den Zug, unterstützen uns und kriegen als Dankeschön 8 Gegentore. Das muss man sich mal über sich ergehen lassen.
Wie geht es nun weiter?
Bereits am Dienstag, den 29.10.2024, trifft unser SSV Jahn Regensburg wieder auf ein Team aus Franken. Erneut geht es diesmal in der Saison gegen die SpVgg Greuther Fürth. Und ich wäre froh, wenn ich sagen könnte, dass die Truppe aus Franken noch krisengebeutelt ist. Sie ist es jedoch nur halb, denn nach der Niederlage im Frankenderby konnte man sich beim 4:3 gegen Schalke 04 wieder etwas Selbstvertrauen holen. Und das trotz der Situation um Ex-Trainer Zorniger und den entlassenen Sportchef.
Wer sich für einen analytischen Blick auf das Kleeblatt interessiert, dem sei unser Vorbericht vom August empfohlen. Er ist nicht brandaktuell, sollte jedoch dennoch einen guten Einblick liefern (Vorbericht Fürth).
Doch viel wichtiger ist: Wie geht es nun bei unserem Jahn weiter? Was macht man nach einer solchen Klatsche nun? Fakt ist: So kann es nicht weitergehen. Und so sehr ich Joe Enochs schätze, so sehr glaube ich mittlerweile leider, dass ein Wechsel nicht ausbleiben kann, denn irgendwas muss sich verändern. Das alles darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch die Mannschaft in der Pflicht ist. Nicht nur uns gegenüber, sondern auch den Fans, denn es sind ihre eigenen Karrieren, die sie bei uns beeinflussen können.
Ich vertraue nach wie vor auf die Mannschaft. Das ist Fluch und Segen, wenn man ein Fan ist. Doch jeder Einzelne soll sich bewusst sein, dass man mehr von ihnen erwarten kann und sollte. Sie können auch mehr, davon bin ich fest überzeugt.
Gegen Fürth wird es nun nicht einfach. Ob Joe noch als Trainer an der Seite steht? Das entscheidet sich im Laufe der nächsten Stunden oder Tage. Es ist jedoch davon auszugehen, dass es Joe sein wird oder mindestens Co-Trainer Andreas Patz. Ein anderer Trainer wird, sofern er den Jahn nicht seit Wochen beobachtet hat, einfach zu kurzfristig sein.
Wichtig ist, sich trotz allem an etwas Positivem hochzuziehen. Wir konnten 3 Tore schießen. Wenn wir es schaffen, uns zu stabilisieren und gleichzeitig Tore zu machen, ist alles drin.
Ob ich daran glaube? Ja, das tue ich, denn das bin ich der Mannschaft und allen schuldig. Außerdem weigere ich mich aufzugeben. Erst zum Schlusspfiff wissen wir, wo wir stehen. (Tom)