Danke, Joe!

Der SSV Jahn hat Chef-Trainer Joe Enochs entlassen. In der aktuellen Situation war eine Trennung wohl unumgänglich. Dennoch hat der US-Amerikaner viel für den Jahn geleistet. (Foto: Köglmeier)

Es ist noch nicht mal eineinhalb Jahre her, als ich einen Beitrag für den Blog aufsetzte, mit dem Titel “Das ist der Neue”. Damals stand der Jahn in der Zweitligasaison 22/23 kurz vor dem Abstieg und zündete ein letztes (verzweifeltes) Lichtlein. Mersad Selimbegovic wurde als Chef-Trainer entlassen, für ihn kam “der Neue”: Joe Enochs. Die Osnabrücker Vereinslegende war wenige Wochen zuvor beim FSV Zwickau entlassen, galt als absoluter Drittliga-Spezialist und sollte im besten Fall noch einmal die missratene Saison retten – im weniger guten Fall den Neuanfang in der 3. Liga gestalten.

Das sind die Verdienste

Seitdem sind 17 Monate vergangen. Und wer hätte gedacht, was seitdem passiert ist? Den Abstieg konnte der gebürtige Kalifornier nicht mehr verhindern. Aber dass der Jahn jetzt wieder in der 2. Liga spielt, das hatten sich im Mai 2023 nur kühne Optimisten ausgemalt. Noch dazu, weil im Sommer darauf die komplette Profimannschaft auf links gedreht wurde. Der Jahn stürzte in die Drittklassigkeit, fast alle machten sich aus dem Staub – und Joe musste mit dem wenig später geholten Geschäftsführer Achim Beierlorzer eine komplette Mannschaft aufbauen.

Heute spielen wir wieder gegen Hannover, Düsseldorf und Nürnberg. Wir haben den direkten Wiederaufstieg aus der 3. Liga geschafft – etwas, woran viele Vereine scheitern und dabei viel Geld verbrennen. Das ist auch Joes Verdienst. Dafür gebührt ihm höchster Respekt und das wird bleiben.

Bedenkliche Entwicklung führt zur Trennung

Natürlich gibt es immer ein “Aber”, das auch zur Geschichte gehört und letztendlich zur Trennung führte. So motivierend Joe das Team in der 3. Liga aufbaute und so phänomenal die Hinrunde lief: Die Leistungen wollten eigentlich nicht mit den Ergebnissen Schritt halten. Das Team gewann selbst Spiele, in denen man nicht unbedingt das bessere Team war. Der fragile Flow geriet mit dem plötzlichen Tod Agys ins Wanken. Spätestens ab dem Jahreswechsel setzte ein Negativtrend ein, aus dem man sich nicht mehr wirklich befreien konnte. Nur mit Müh und Not schleppte sich das Team in der Relegation, um dann in einer letzten Energieleistung den Aufstieg doch noch wahr zu machen.

Nicht falsch verstehen: Der Aufstieg gehört dem Team und Joe, ohne Frage. Nimmt ihnen keiner. Aber der Trend zeigte nach unten und setzte sich leider in dieser 2. Liga fort – obwohl man gegen Ulm noch gewann, gegen Hertha und Fürth ansprechende Leistungen zeigte, aber jeweils verlor. Seitdem steht das Team neben sich. Bis auf das Kaiserslautern-Spiel, als man offensiv kaum Akzente setzte, fiel das Team regelmäßig auseinander. Das 3:8 gegen Nürnberg ist der vorläufige Gipfel dieser Entwicklung. 7 Siege, 8 Unentschieden, 13 Niederlagen im Kalenderjahr 2024 – 10 Spiele in der laufenden Zweitligasaison, 4 Punkte, ein Torverhältnis von 4:30: So kann es nicht weitergehen und dafür ist auch der Chef-Trainer verantwortlich.

Ein Stück Kalifornien in der Oberpfalz

Natürlich sind das die vielbeschworenen Mechanismen im Profifußball. Es trifft das schwächste Glied und denjenigen, den man am einfachsten austauschen kann. Man kann gerne hinterfragen, ob die aktuelle Jahnelf für diese knüppelharte 2. Liga konkurrenzfähig aufgestellt ist. Aber noch ist nicht mal ein Drittel der Saison vorbei und eine Reaktion, wie auch immer sie aussehen mochte, war unumgänglich.

Ich wiederhole es gern: “Der Neue” hat mehr erreicht, als ich und vermutlich viele andere sich vor 17 Monaten erträumt hatten. Noch dazu brachte Joe mit seiner lockeren und warmherzigen Art wieder so etwas wie Zuversicht in den Verein, die in der Saison 22/23 (und vielleicht schon davor) abhanden gekommen war. Ein Stück Kalifornien in der Oberpfalz, wenn man so will. Gegenüber Journalisten, Kollegen und Fans nie von oben herab, selbst bei Nackenschlägen nie patzig oder arrogant. Eine Seltenheit in diesem Business. Joe hat zum Jahn gepasst. Junge Spieler haben von ihm profitiert. Jonas Bauer, Jannik Graf, Leopold Wurm und Max Meyer machten unter ihm ihre ersten Schritte im Profifußball.

Deshalb bleibt uns nur zu sagen: Lieber Joe, wir sind dir als Blog persönlich dankbar für die gemeinsame Zeit beim Jahn!

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