Verzweiflung gegen Darmstadt – Gastbeitrag des Lilienblog

Wir schreiben den 22.12.2024. Das letzte Spiel des Jahres und der Hinrunde stehen an. Für viele kommt die Pause zur richtigen Zeit und der Gegner zur falschen. (Foto: Köglmeier)

Wir schreiben den letzten Spieltag der Hinrunde 2024/25. Auch steht das letzte Spiel des Jahres an. Für viele kommt die Pause nun zur richtigen Zeit, denn die letzten Wochen waren für jeden Jahn-Fan nicht einfach.
Nicht weniger einfach dürfte unser nächster Gegner sein: der SV Darmstadt 98, der Absteiger aus der Bundesliga mit Trainer Florian Kohfeldt an der Seitenlinie.

Die Saison von Darmstadt bisher

Der SV Darmstadt hatte sich die Saison sicherlich ruhiger vorgestellt als sie bis zum jetzigen Zeitpunkt war. Die Bundesliga Saison war – trotz klarer Stellung in der Liga – schon nicht einfach, doch der Start in die 2. Bundesliga war eine reine Katastrophe. In den ersten vier Spielen schaffte man ein Unentschieden gegen den 1. FC Nürnberg. Ansonsten gab es drei Niederlagen bei teilweise richtig schlechten Leistungen.
Nach dem 4. Spieltag zogen die Verantwortlichen der Lilien die Reißleine und Torsten Lieberknecht musste nach 3 Jahren auf dem Böllenfalltor gehen. Für ihn kam eine Personalie welche die Fußballwelt spaltet: Florian Kohfeldt.
Einige sehen in ihm einen grandiosen Taktiker und Trainer, andere eine gescheiterte Karriere im Profifußball. Die Verantwortlichen in Darmstadt sprachen ihm jedenfalls das Vertrauen aus. Nach einem gemischten Start mit je einem Unentschieden, Sieg und einer Niederlage begann Kohfeldt jedoch das Vertrauen zurückzuzahlen. Seit dem 7. Spieltag ist man ohne Niederlage und fuhr fünf Siege und vier Unentschieden ein. Man konnte sich vom letzten Tabellenplatz mit nur einem Punkt befreien und sich auf Platz 10 mit 24 Punkten hocharbeiten.
Das Torverhältnis ist mit +8 Toren mittlerweile positiv und die Form ist weiterhin gut.

Und auch die Stimmung scheint in Fankreisen gut zu sein. Zumindest wirkte mein Kontakt vom Lilienblog, Stephan, entspannter, als er es vermutlich zu Beginn der Saison war. Zu unserem Leidwesen hat er eine persönlich schöne Geschichte gegen den Jahn und für Darmstadt. Anscheinend hat er sein bayerisches Herz – er ist geboren in Landshut – etwas vergessen.

Er hat sich in seinem Gastbeitrag kurz vorgestellt.
Stephan Köhnlein, geboren in Landshut und nach vielen Umzügen in Darmstadt heimisch geworden, ist Journalist. Er arbeitete unter anderem für die Nachrichtenagenturen AP, dapd und dpa als Ressortleiter, Chef vom Dienst, Projektleiter und Auslandskorrespondent. Zusammen mit dem Fotografen Arthur Schönbein betreibt er seit Herbst 2018 den Lilienblog http://www.lilienblog.de/ (www.lilienblog.de http://www.lilienblog.de/ ), das unabhängige Online-Magazin rund um den SV Darmstadt 98. Seit 2023 gibt es den zugehörigen Videopodcast Heinerstube https://www.youtube.com/@Heinerstube (www.youtube.com/@Heinerstube http://www.youtube.com/@Heinerstube ), wo in wechselnden Besetzungen die Spiele des SV Darmstadt 98 besprochen werden

An dieser Stelle möchten wir euch nun seinen Beitrag nicht vorenthalten und uns auch nochmal beim Fotografen des Lilienblog, Arthur Schönbein, für das Foto bedanken. Das Team vom Jahnblog wünscht euch ansonsten eine schöne Weihnachtszeit und eine ruhige Winterpause!

Als der Jahn an Darmstadt verzweifelte

Mit dem Jahn verbindet ich persönlich eines der unglaublichsten Spiele des SV Darmstadt 98, die ich persönlich in einem Stadion erlebt habe. Es war am 6. Mai 2018. Die Lilien, erst im Vorjahr aus der Bundesliga abgestiegen, standen zwei Spieltage vor Schluss vor dem Sturz in die Drittklassigkeit. Nach der Trennung von Trainer Torsten Frings hatte wieder Dirk Schuster übernommen. Die Mannschaft hatte sich zwar stabilisiert, trotzdem war es auch unter dem einstigen Erfolgscoach Schuster nicht gelungen, die Abstiegsplätze zu verlassen.

Und beim Jahn sah es zunächst ebenfalls schlecht aus. Marco Grüttner hatten zwei gute Chancen zur Führung. Doch das erste Tor machten die bis dahin völlig harmlosen Lilien durch einen direkt verwandelten Freistoß. Kurz nach der Pause hatte der Jahn erneut drei dicke Gelegenheiten. Doch die Lilien hielten nicht nur mit Kampf und viel Glück die Null, sondern erzielten sogar noch zwei weitere Tore. Mit dem 3:0 verließen sie erstmals seit November wieder die Abstiegsränge. Selten habe ich ein Spiel gesehen, in dem das Ergebnis so wenig mit den Machtverhältnissen auf dem Platz zu tun hatte.

Aus den Jahren danach sind vor allem die beiden Auftaktspiele der Saison 2021/22 und 2022/23 in Erinnerung geblieben. Obwohl die Lilien die Partien – einmal zu Hause, einmal auswärts – verloren, folgten zwei starke Spielzeiten mit Rang vier und Rang zwei. Trainer war damals Torsten Lieberknecht, dem es gelang, eine höchstens leicht überdurchschnittliche Zweitliga-Mannschaft in die Bundesliga zu führen.

Nun kommen die Lilien wieder als Bundesliga-Absteiger zum Jahn. Die Ausgangslage ist jedoch deutlich anders als in der Spielzeit 2017/18. Nach einem schwachen Start kam es Anfang September zur Trennung von Lieberknecht, obwohl dieser von der Vereinsführung noch – ziemlich blauäugig – mit einem Vertrag bis 2027 ausgestattet gewesen war. Später verständigte man sich darauf, den Kontrakt zu reduzierten Bezügen bis zum Sommer 2025 weiterlaufen zu lassen.

Sein Nachfolger Florian Kohfeldt wurde zunächst mit etwas Skepsis empfangen, schließlich hatten seine Engagements als Cheftrainer in Bremen, Wolfsburg und Eupen vorzeitig geendet. Doch dem neuen Coach gelang der Turnaround. Augenscheinlichste Umstellung ist der Wechsel von einer Dreier- auf eine Viererabwehrkette. Zudem erhielt er mit dem zuletzt vereinslosen Philipp Förster (früher Bochum, Stuttgart) einen Mittelfeldspieler dazu, der durchaus Bundesliga-Format hat.

In die Karten gespielt hat Kohfeldt aber auch die Zeit, die der neu formierte Kader inzwischen hatte, um zusammenzufinden oder die ein lange verletzter Spieler wie Fraser Hornby benötigte, um in Form zu kommen. Und schließlich brauchte die Mannschaft wahrscheinlich einfach auch einen neuen Impuls von der Trainerbank, nachdem in mehr als einem zutiefst deprimierenden Jahr mit dem sang- und klanglosen Bundesliga-Abstieg viel kaputtgegangen war.

Tatsächlich spielt die Mannschaft inzwischen wie befreit auf, zeigt teilweise berauschenden Offensivfußball. Unter Kohfeldt gelangen bereits in vier Partien fünf Tore, darunter gegen höher

platzierte Teams wie Köln oder zuletzt Kaiserslautern. Dass die Mannschaft nach nunmehr neun Liga-Spielen ohne Niederlage nur auf Platz zehn steht, aber zugleich der Abstand zu Platz eins nur vier Punkte beträgt, zeigt wie ausgeglichen die Liga ist.

Mit einem Sieg beim Jahn wäre kurz vor Weihnachten noch mal ein Sprung nach oben möglich. Und das würde natürlich im Umfeld der Lilien die Träume von der Bundesliga-Rückkehr befeuern. Aber das ist natürlich ein Tabu-Thema. Kohfeldt hat ein Übergangsjahr ausgerufen. Hinter vorgehaltener Hand hieß es vor ein paar Wochen noch, man wäre mit Rang zwölf zufrieden. Doch wenn die Lilien weiter so spielen wie zuletzt, ist auf jeden Fall deutlich mehr drin.

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