Der 8. Sieg in Folge bricht eine Welle der Euphorie los. Nicht immer glänzend, aber erfolgreich – so besiegt die Jahnelf Gegner um Gegner. Nicht wenige Personen aus der 3. Liga fragen sich, wer diese Mannschaft eigentlich noch stoppen kann? In Regensburg fragt man sich aber, darf man das ominöse A-Wort schon in den Mund nehmen oder muss man bescheiden bleiben? Unsere Autoren stellen sich dieser Frage. (Foto: Jan Hetfleisch/Getty Images via Onefootball)
Der Jahn auf Erfolgskurs: Fünf „Es“ zur aktuellen Lage
Autor: Flo1889fm
Es passiert derzeit öfter: Ich muss mich hin und wieder kneifen, wenn ich an den Jahn denke. Haben wir wirklich acht Spiele in Folge gewonnen? Das tut einfach verdammt gut – gerade, wenn man an die vergangene Saison denkt. Hand aufs Herz: Wer hätte gedacht, dass sich das fast komplett neuformierte Team so schnell findet und auf und vor allem auch neben dem Platz sich als Einheit präsentiert? Ich nicht.
Es sind Wochen zum Genießen. Aber klar auch dürfte sein, dass die vergangenen Spiele allesamt knapp waren. Dominiert hat der Jahn nie. In dieser ausgeglichenen Liga braucht es keinen Glamour, sondern Kleinigkeiten entscheiden. In einer schlechteren Verfassung hätte es in den vergangenen Wochen durchaus die ein oder andere Niederlage hageln können. Ich bin gespannt, wie sich der Jahn in der Rückrunde etwa gegen Münster oder 1860 schlägt.
Es wird irgendwann wieder Rückschläge geben. Aber das ist die gute Nachricht: Das Team scheint gefestigt zu sein. Nach der ersten und bislang einzigen Saisonniederlage setzte man zur aktuellen Serie an. Gegen Ingolstadt und Halle warf sie ein Rückstand nicht aus der Bahn.
Es macht Spaß, dem Team zuzusehen. Mir geht das Herz auf, wenn ich sehe, wie sich die Jungs gegenseitig pushen und hinterher feiern. Sie wirken wie eine Einheit, jeder kämpft für den anderen. Symptomatisch: Mit Noel Eichinger und Tobias Eisenhuth kamen in München zwei spät ins Spiel, die bislang nicht die Hauptrolle gespielt haben. Und einer legt dem anderen das entscheidende Tor auf. Auch hinter den Kulissen scheinen alle an einem Strang zu ziehen. Das war in der vergangenen Saison nicht immer der Fall.
Es ist klar: Die aktuelle Tabelle sagt nichts aus. Wichtig ist, was im Mai ist. Aber jeder Punkt bringt uns in dieser engen Liga weiter. Haltet den Lauf am Leben!
Wenn die Welt verrückt spielt, tut es der Jahn erst recht
Autor: Kittenkurmler
„Eichinger mal mit der Flanke, warum nicht. Ja warum nicht, Abschluss… Tor, Tor, Tor, Tor!!!“ Hinaus in die Welt schallte der Jubel am Turmfunk, als das Siegtor gegen 1860 München passierte. Jahnfans selbst im fernen Polen rasteten wohl ungebremst aus, im steten Wissen, dieses so enorm wichtige Spiel in Giesing gewonnen zu haben. Dieser Moment, der nun schon fast zwei Wochen her ist, ist wohl einer dieser Momente, die man kollektiv im Jahn-Gedächtnis abspeichern wird
Eine umgedrehte Acht verbindet man gern mit Unendlichkeit. Genauso ewig kommt es einem vor, dass der Jahn ohne Punkte vom Platz ging, wobei plötzlich der unglaubliche Siegesrekord von Karlsruhe mit zehn Siegen in Folge in unmittelbarer Nähe schwebt. Nach einem perfekten Oktober scheint das Team um Joe Enochs einfach an die knappen, aber immer hart
erarbeiteten Siege einfach anzuknüpfen. Ungebremst surfen die Rothosen auch im November weiter auf der Euphoriewelle, bisher konnten acht Felsen übersprungen werden.
Man fühlt sich total paralysiert. Fast surreal wirken Jahnspiele als komplettes Kontrastprogramm zu den letzten anderthalb Jahren. Wenig verwunderlich also, dass nicht jeder nach einer großen Leidenszeit sofort alles in den siebten Himmel lobt. Trotzdem verdient die Leistung der aktuellen Mentalitäts-Elf vom Kaulbachweg jeglichen kämpferischen und lauten Support.
Nun wartet, nach diesen selten dagewesenen Euphoriewochen, ein unglaublich harter und spielstarker Brocken: Es geht an einem Sonntag in das jetzt schon im Heimbereich ausverkaufte Rudolf-Harbig-Stadion gegen gewohnt spielstarke Elbflorenzer. Vor diesem Spiel wage ich noch kein Urteil über jegliche Ambitionen nach oben. Was also jetzt bleibt, ist, die Mannschaft für ihre bisherigen grandiosen Leistungen zu honorieren. Beste Möglichkeit: Eine Tagesreise in die sächsische Landeshauptstadt, um die Mannen in rot und weiß zum wichtigsten Spiel der Saison nach vorne zu peitschen.
Euphorie mit Skepsis
Autor: Maximilian Aichinger
Um diese Saison bewerten zu können, lohnt sich ein Blick in die Vergangenheit: Es ist der 14.4., circa 20:00 Uhr, als ich mir noch auf der Fürther Pressetribüne geschworen habe, nie mehr Hoffnung zu haben. Es war ein Prozess, der sich von der sportlichen Leistungen über Personalentscheidungen bis zu Intrigen zog. Es war eigentlich die letzte Möglichkeit, um noch das Ruder des Tankers in Richtung Klassenerhalt zu reißen, hingegen ging man unter.
Der Schlusspunkt einer Zeit, die uns Jahnfans den Spaß am Fußball und gerade an unserem Jahn genommen hat. Wir mussten nicht nur zusehen, wie wir unglücklich Spiele verloren, sondern auch, wie der sauber geführte Profiverein zu einem Ort wurde, wo nur noch der eigene Kopf zählte.
Umso größer ist die Ironie, dass wir heute wieder eine unglaubliche Einheit sind, und das auf allen Ebenen. Rund 7 Monate nach der Niederlage in Franken sprechen wir vielleicht schon bald vor einer historischen Hinrunde. Gebrandmarkt von den letzten Monaten kann ich nicht in Euphorie fallen, vielmehr warte ich auf den Rückschlag. Diese Skepsis teilen viele nicht – doch geht es nicht so schnell, vielleicht zu schnell? Der Mensch lernt aus Fehlern, ich hatte Hoffnung, ich wurde enttäuscht, es tat weh, sehr weh. Ich warte auf den Haken, auch wenn es keinen geben mag.
Und doch schreibe ich mit voller Überzeugung, meine Skepsis ist fehl am Platz. Ich schreibe diese Zeilen nicht, weil ich jemanden überzeugen möchte, sondern weil ich felsenfest überzeugt bin, dass wir nicht enttäuscht werden. Wenn ich die Hans-Jakob-Tribüne als Einheit sehe, die Spieler in den Katakomben feiern höre oder auch Joe Enochs sowie Achim Beierlorzer über den Jahn philosophieren sehe, dann bin ich zu 100 % überzeugt, dass hier etwas Großes entsteht. Die Jahnfamilie ist so stark wie lange nicht mehr, vielleicht so stark wie noch nie.
Und dennoch bleibe ich gespalten, nicht weil ich dem Prozess nicht traue, sondern weil ich nicht weiß, ob die kurzfristigen Erwartungen vieler Fans erfüllt werden können. Ziele im November auszurufen steigert nicht die Motivation, sondern es hemmt die Leichtigkeit, die uns alle aktuell trägt.
Wir müssen weiterhin die Mannschaft durch die Stadien der Republik tragen, sie auch in schweren Partien bedingungslos unterstützen, nicht vergessen, wer wir sind und was war – dann werden wir erfolgreich sein. Vielleicht nicht morgen, aber irgendwann werden wir ernten, was wir heute säen. Erfolg ist keine Einbahnstraße, wir müssen alle anpacken, immer alles geben, uns vor negativen Einflüssen schützen, dann kann man sagen: „Wir können es packen!“