Vor 8820 der Kälte trotzenden Zuschauern zeigte die Jahnelf gegen den SSV Ulm eine reife Leistung, die mit einem 2:0 Heimsieg belohnt wurde. Die im Abschluss harmlosen Ulmer Spatzen stellten die Heimmannschaft im Duell der SSVs durch präsente Zweikampfführung vor größere Herausforderungen als es das Endergebnis vermuten lässt. (Foto: Sebastian Widmann/Getty Images for DFB via Onefootball)
Ein Abend im November. 19:30. Flutlicht erhellt die Regensburger Nacht. Leichte Rauchschwaden über dem Stadion. Warm eingepackte Menschen strömen in Richtung Galgenberg. Die Stimmung fast schon romantisch. Selbst die Vereine hatten sich in herbstlicher Eintracht auf den selben Namen geeinigt. Die Begegnung lautete SSV gegen SSV.
In all dieser harmonischen Stimmungslage neigte man fast schon dazu zu vergessen, dass man sich eigentlich zu einem heißen Fußballduell verabredet hatte an diesem Sonntag Abend.
Zum Glück für die 8820 Zuschauer, die sich im Jahnstadion eingefunden hatten, wollten weder die Regensburger noch die Ulmer Mannschaft etwas von Besinnlichkeit wissen. Gerade die Gäste starteten mit hohem Pressing in die Partie. So ging auch die erste Großchance des Spiels aus das Konto der Spatzen. In Minute drei musste Jahn-Keeper Gebhardt bereits hellwach sein um Scienzas Schlenzer zur Ecke ablenken.
Auch die Fans auf beiden Seiten ließen sich von der heißen Partie sofort anstecken. Trotz einige leerer Ränge akustisch und optisch eine Atmosphäre, die man sich für ein Flutlichspiel nur wünschen kann.
Da sich die rot-weißen in den ersten Minuten auf die intensive Spielweise der Ulmer einstellen mussten und nur langsam eigene Drucksituationen aufbauen konnte, dauerte bis in die 16. Minute bis auch der Jahn offensiv in Erscheinung trat.
Standardsituationen, insbesondere Ecken waren in den letzen Spielen nicht gerade das Aushängeschild der Jahnelf. So wollte man sich fast schon zum Small-Talk mit seinem Sitz- oder Stehnachbarn abwenden, als Schiedsrichter Haslberger in dieser 16. Minute auf Eckball für den Jahn entschied. Die kurz ausgeführte Ecke erreichte den am Strafraumrand sträflich alleine gelassenen Saller. Dieser fasste sich, das viel zitierte Herz, und zimmerte den Ball in einer wie vom Lineal gezeichneten Linie am überraschten Ulmer Keeper Ortag vorbei ins Tor.
In der darauf folgenden Phase wurde jeder Ballgewinn lautstark umjubelt vom euphorisierten Regensburger Publikum. Regensburg zog die Partie mehr und mehr an sich. Insbesondere Bulić, der zusammen mit Viet von Trainer Enochs die Aufgabe bekommen hatte „viel zu Jagen“, gab seiner Mannschaft durch starke Präsenz in allen Teilen des Spielfelds Sicherheit in der Defensive.
So entwickelte sich nach und nach eine symbiotische Stimmung bei der Mannschaft und Zuschauer sich gegenseitig von Zweikampf zu Zweikampf, von Ballgewinn zu Ballgewinn und von Sieg zu Sieg tragen.
Gerne hätte man als Jahnfan die Geschichte dieses Abends bereits zur Mitte der 1. Halbzeit für beendet erklärt. Doch, ummalt von Anfeuerungen der alkustisch sehr präsenten Auswärtsfans gewann Ulm, je länger das 1:0 zurück lag, wieder mehr Sicherheit und Spielanteile zurück.
Zwingende Aktionen sprangen aber auf beiden Seiten nicht mehr heraus, sodass zum Halbzeitpfiff das 1:0 bestand hielt.
Während die Zuschauer mit Glühwein und sportlichen Übungen die Pause zu überbrücken versuchten konnten die Spieler in gut geheizten Kabinen regenerieren. Wer sich gefragt hat, wie ein Spieler wie z.B. Bulić es schafft innerhalb von so kurzer Zeit wieder kräftestrotzend für weitere 45 Minuten auf den Platz zu kommen, dem verriet Bulić sein Geheimnis nach dem Spiel: „Ich esse immer zwei Datteln in der Pause. Zwei Datteln, gesund und wieder Gas geben!“
Ulm kam galliger aus der Kabine zurück ins Spiel. Viel Druck auf den ballführenden Spieler und leidenschaftliche Zweikampfführung der Spatzen führten dazu, dass die Regensburger spielerisch zunächst wenig zu Stande bringen. Doch die erneut sehr kompakt stehende Jahn-Abwehr lies wenig zwingendes zu, sodass die Ulmer Bemühungen um den Ausgleich verpufften. Offensiv brachte auch die Heimmannschaft in dieser Phase nicht viel zustande, sodass erst in der Schlussviertelstunde Faber und Viet die fast zu Eisstatuen erstarrten Zuschauer mit guten Chancen schon fast zum Torjubel aufspringen ließen. Ulm warf nun mehr und mehr nach vorne. Dadurch entstanden Räume für wieder auflebendes Angriffspiel der Jahnelf. Schönfelder und der eingewechselte Hottmann scheiterten zunächst an der Vorentscheidung. Diese beiden waren es dann aber, die alle Jahnfans in der 88. Minute mit dem 2:0 zum jubeln brachten.
Das erlösende 2:0 ersparte allen Anweisenden eine nervenaufreibende Nachspielzeit. Und so hallten nach Abpfiff keine Weihnachtslieder sondern noch lange Regensburger Fangesänge in den regnerischen Nachthimmel.
Jahn-Cheftrainer Joe Enochs über…
… den Beginn der Partie: „Ich fand, dass wir bis auf die erste Chance in der 3. Minute, die Gebhardt sehr gut hält, sehr gut ins Spiel gekommen sind. Auch, wenn wir nicht besonders viele Chancen haben, hatten wir viele Standardsituationen und andere Möglichkeiten den Ball in den Strafraum zu bekommen. Ulm konnte das aber sehr gut weg verteidigen.“
… das 1:0 durch Saller: „Wir gehen durch eine Standardsituation in Führung. Das ist ganz normal in dieser Liga. Wir wussten dass Ulm den Rückraum nicht ganz so gut besetzt und es so gute Möglichkeiten geben wird von dort abzuschließen.“
… die Siegesserie: „Ich freue mich für die Jungs unheimlich, weil sie jeden Tag hart arbeiten. Wir genießen diese Serie, wissen aber auch wie diese zustande gekommen ist. Ich muss die Euphorie immer etwas bremsen. Jedes Spiel ist sehr eng. Auch heute gerade in der ersten Halbzeit kann das Spiel in beide Richtungen kippen. Deshalb freue ich mich sehr, dass wir gegen eine sau starke Mannschaft das Spiel gewonnen haben.“
Die Stimmen der Spieler
Benedikt Saller: „Eine Serie von 8 Siegen hatte ich noch nie. Das ist nicht unheimlich, aber unheimlich schön.
(…) Zum Ende der zweiten Halbzeit hatten wir eine Phase in der wir die Bälle zu schnell verloren haben. Ulm hat auch viele Punkte gesammelt und ist eine gute Mannschaft. Dass die Ulmer dann auch mal gefährlich werden und den Druck erhöhen ist ganz normal. Gebhardt musste trotzdem nur 2 oder 3 Bälle aufs Tor halten. Das spricht dann schon dafür, dass wir extrem stabil hinten sind.“
Eric Hottmann: „Geiles Gefühl. Ich glaube sowas erlebt man im Fußball nicht so oft. Deswegen versuchen wir das natürlich zu genießen. Uns ist trotzdem bewusst, dass wir jedes Wochenende abliefern müssen. Wir wollen die Serie weiter laufen lassen, auch wenn jetzt mit Dresden eine große Herausforderung für uns kommt.
(…) Das Tor tut natürlich gut. Ich habe sehr lange darauf gewartet, deshalb habe ich mich sehr gefreut.
Rasko Bulić: „Wir geben Gas von Spiel zu Spiel. Heute war es auch ein Arbeitssieg. Die Gegner haben gut gepresst und wir sind froh das Spiel durch das 2:0 dann zu machen zu können. Viet und ich durften heute mal viel jagen. Wir waren im Zentrum und durften uns viel bewegen. Das sind lange Wege, aber ich nutze dann die 15 Minuten Pause um mich zu regenerieren. Ich esse immer zwei Datteln. Zwei Datteln, gesund, und wieder Gas geben.
(…) Die Kulisse in Dresden wird natürlich auch für mich ein Highlight. Vor 30.000 habe ich selbst auch noch nicht gespielt.“