Analyse: Es zählt jetzt nur noch dieses Spiel in Hessen

Verletzungen, ein besonderer Gegner und der KO-Modus: Joe Enochs musste einiges vor der Partie im Jahnstadion gegen Wehen verändern. Der-Jahn-Blog analysiert das Relegation-Hinspiel der Saison 23/24. (Foto: Köglmeier)

SSV-Aufstellung: Situative Dreierkette

Bevor wir uns mit den Einzelheiten des Spiels befassen, ist es sehr wichtig, dass wir die Systeme beider Mannschaften und ihr Zusammenspiel auf dem Platz verstehen. Der Jahn veränderte seine Systematik auf den ersten Blick leicht, denn mit Robin Ziegele, Louis Breunig und Florian Ballas standen drei nominelle Innenverteidiger in der ersten Elf. Ziegele rückte für den gelbgesperrten Saller in die Startelf. Dahingehend gingen einige von einer Dreierkette aus, dem war zwar nicht dauerhaft so, aber situativ entwickelte sich mit dem Ball ein 3-3-3-1, wobei Schönfelder in die zweite Linie rückte. Umso weiter man aber aufrückte, umso mehr wurde auch Ziegele zu einem Flügelverteidiger und die Dreierkette mehr zu einer Kette aus den verbliebenen nominellen Innenverteidigern. Der durchaus Offensivdrang spürende Ziege, was bestimmt einige überrascht hat, war schon vor dem Spiel der Verteidiger, der mit am meisten „raumgewinnende Ballgewinne“ (Umschaltmomente durch bspw. Dribblings) sowie Sprints für sich verzeichnen konnte. Dass er diese Rolle so gut ausführte, kommt also nicht von ungefähr.

Die Außenverteidiger sollten aber gegen den Ball immer auf einer Linie mit den Innenverteidigern halten, um so ein schnelles Umschaltspiel der Wehener über die Flügel zu unterbinden. So bewegten sich Schönfelder wie Ziegele nach Ballverlusten sehr schnell zurück in die Viererkette. Allgemein sah man gegen den Ball eine gewohnte Herangehensweise mit einem 4-2-4 bzw. 4-2-3-1, je nachdem wie sich bestimmte Spieler verhielten. Dazu aber später mehr.

SVW-Aufstellung: Gewohnte Herangehensweise

Wie im Vorbericht zu #SSVSVW beschrieben, agierte der SV Wehen Wiesbaden in einem 5-2-1-2. Gerade mit dem Ball überzeugte man gegen St. Pauli mit sehr weit aufrückenden Flügelverteidigern, aber am Freitagabend wurde diese Komponente etwas konservativer gestaltet und Goppel wie Bennetts nahmen meist eine tiefe Positionierung ein. Insgesamt ist gerade im offensiven Bereich durch verschiedenes Abkippen oder auch Rotationen ein eher flexibles Positionsbild zu sehen gewesen. Gegen den Ball wurde es wieder ein 5-4-1 mit Fokus auf Zustellen der Passwege in das letzte Drittel.

Die Gründe für die fulminante erste Hälfte

Auf dieser Ausgangsbasis führte es zu einer Überlegenheit, Wiesbaden wirkte ängstlich. Und das überraschte mich persönlich auch, denn gegen St. Pauli überzeugte die Mannschaft von Nils Döring durchaus. Um das zu verstehen, wieso der Jahn so fulminant auftrat, muss ich kurz die Spielweise von Wiesbaden in Stichpunkten erläutern:

  • Innenverteidiger verhalten sich nicht sehr risikoreich, sondern eher kompromisslos —> einfaches Passspiel
  • Fechner lässt sich fallen, um Räume für Heußer zu schaffen
  • Versuch, den Gegner herauszulocken, um dann den langen Ball zu suchen, oft über Stritzel
  • Flügelspieler sollen mit tiefen Bällen oder durch Dribblings in Szene gesetzt werden
  • Schaffen von Überzahlsituationen am Flügel durch einrückende Zentrumsspieler

Ich denke, dass man hier eine relativ simple, aber durchaus saubere Basis sieht, die aber auch von Unterschiedsspielern wie Heußer abhängig ist. Dadurch kann man Wiesbaden relativ gut einschätzen und sich auf das Spiel vorbereiten, um es vorwegzunehmen: Erst die spielerische Unberechenbarkeit durch Lee und Günther brachte die Wehener ins Spiel, aber nur durch diese individuelle Klasse.

Aber warum war das so?

1. Anbindung der Außenverteidiger unterbrochen

Grundsätzlich fokussierte man sich also schon auf die Flügelzonen, das fängt aber bereits im ersten Drittel an. Wie ich bereits beschrieben habe, sind die Flügelverteidiger ein essenzieller Teil, da sie den Ball nach vorne treiben sollen, gerade Goppel ist für seine schnellen Dribblings berüchtigt. Dies wollte Joe Enochs wohl mit allen Mitteln verhindern und nahm so etwas Abstand vom bedingungslosen Angriffspressing.

Ich denke, es fällt relativ schnell auf, was der Plan von Nils Döring war: Anbinden einiger Spieler im Zentrum, um dann die Unterzahl auf dem Flügel zu nutzen, die Zentrumsspieler sollten dann bei Flanken schnell in die Box einlaufen. Um dies zu verhindern, rückte der ballnahe Außenverteidiger des Jahns (hier Oscar Schönfelder) auf, damit Goppel nicht aufdrehen und dribbeln konnte. Dieses sofortige Suchen des Zweikampfes zwang die Flügelverteidiger zu Rückpässen, wodurch der Jahn an Raum gewann.

Goppel verlor 6 von 10 Zweikämpfen und konnte nur einmal dribbeln, dazu sieht man in dieser Grafik sehr schön, dass er sich sehr tief positionieren musste, um überhaupt an den Ball zu gelangen, dazu verlor aus solchen Situationen 20-mal den Ballbesitz. Ähnlich ist es bei Bennetts, der nur 1 von 8 Duellen gewann und nur 2 Dribblings ansetzen konnte, er verlor 13-mal den Ball.

Auf dieser Ausgangsbasis führten auch Variationen nur bedingt dazu, dass die Gesamtkonstellation über die Außenverteidiger gestärkt wurde. Vielmehr wurde man verunsichert durch dieses aggressive Herausrücken der Außenverteidiger, womit man sichtlich nicht gerechnet hatte. Einen weiteren Teil leistete die enge Herangehensweise, die es den Wehenern nicht ermöglichte, sich über mehrere Stationen auf die Flügel zu arbeiten.

Man merkte dann nach wenigen Minuten: „Blöd, das funktioniert heute überhaupt nicht.“ Daher versuchte man situativ darauf zu reagieren, indem Goppel Schönfelder herauslocken sollte, damit Angha Agrafiotis hinter die Kette schicken kann. Diese Idee wäre grundsätzlich gut, aber der Jahn war auch hier zur Stelle, mit einer sehr guten Entscheidungsfindung von bspw. Breunig oder Bulic, der dann kurz sich tiefer positionierte. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass diese Zuspiele oft schlichtweg nicht gut waren.

2. Unterbindung der langen Zuspiele

Da diese flache, spielerische Lösung nicht funktionierte, setzte man auf die typischen langen Bälle. Die wenigsten Mannschaften sind sehr gut darin, lange Pässe zu verhindern, es ist vielleicht DIE Kunst des Verteidigens. Wenn Mannschaften mit viel Kraft und Intensität hoch pressen, begrenzen sie die Zeit des Gegners mit dem Ball und erzwingen Fehler. Wenn man das Konzept der „Spezialisten“ für langen Bälle, bei Wehen die IV, in Betracht zieht, scheint ein hohes Pressing umso fruchtbarer zu sein. Das Letzte, was man gegen einen Spieler, der von überall her treffen kann, tun möchte, ist, ihm Zeit zu geben, den Kopf zu heben und seine Möglichkeiten zu erkennen. Ein hohes Pressing, vielleicht sogar mit einer verstärkten Ausrichtung auf diesen speziellen Spezialisten, schränkt die Zeit des Spielers ein. Der beste Weg, die Spezialisten für lange Bälle zu stoppen, ist, das Spiel in jeder Hinsicht zu dominieren. Ein hohes Pressing, die sofortige Rückeroberung des Balls nach einem Ballverlust und das Halten des Balls über lange Zeiträume. Wenn der vermeintliche ‘Spezialist für lange Bälle’ nicht an den Ball kommt, weil seine Mannschaft nicht in Ballbesitz ist, hat er keine Chance, das Spiel zu beeinflussen.

Logisch gesehen macht der obige Gedanke durchaus Sinn. Wenn du den Spezialisten für lange Bälle daran hinderst, den Ball zu bekommen, sei es durch deinen eigenen Ballbesitz oder durch deine Pressing-Taktik, wird es für diesen Spieler sehr schwierig, das Spiel zu beeinflussen. In der Praxis ist es weitaus schwieriger, dies zu erreichen, insbesondere wenn alle Elemente eines typischen hohen Pressings beibehalten werden müssen. Das heißt, es wird verstärkt versucht, alle Bereiche des Spielfelds zu verdichten und die Verteidigungslinie bis in die gegnerische Hälfte zu drängen. Hier liegt das erste große Problem dieses Ansatzes.

Die Begrenzung von Raum und Zeit ist offensichtlich der Schlüssel, aber die Aufstellung einer hohen Linie lässt viel Raum für diese langen Pässe – das ist die Krux. Das ist das genaue Gegenteil der vorherigen Lösung. Ein hohes Pressing mit einer ebenfalls hohen Linie bedeutet, dass lange Pässe weniger wahrscheinlich sind. Wenn jedoch Spieler der Extraklasse solche Bälle spielen dürfen, ist das hoch pressende Team einfach nicht gut genug aufgestellt, um diese Art von Pässen zu verteidigen, da zu viel Abstand zwischen Torwart und Abwehrreihe besteht und zu viel Raum für schnelle Angreifer entsteht, den diese ausnutzen können. Wehen hatte aber weder die Qualität dieser Pässe (32% Quote bei langen Bällen), noch die Schnelligkeit der Angreifer.

Vielleicht liegt die perfekte Lösung also irgendwo dazwischen. Und so hat es auch der Jahn gemacht. Man ließ diesen Spezialisten Raum und Zeit, begrenzte aber die Passoptionen und wusste genau, was die Zielzonen dieser langen Bälle sind. Diese deckte man dann ab und ließ sich nicht von Gegnern in die Irre führen, auch hier wurde Wehen vom aggressiven Herausrücken aus der Kette für die langen Bälle überrascht. Die IV wollte außerdem erst ab einer gewissen Höhe die Chipbälle hinter die Kette spielen, diese gewährte ihnen die Jahnelf nicht. Wurde der Aufbau zu hoch, lief der Jahn aggressiver an.

Eine Möglichkeit in diesem Zusammenhang wären Kopfballweiterleitungen des Stürmers-Duos Prijatin und Agrafiotis in die Tiefe gewesen, aber jene Bewegungsmuster wirkten am Freitag eher nicht aufeinander abgestimmt. Beide Stürmer hatten ungewohnt viele Probleme im Zweikampfverhalten.

Dazu wurden die zweiten Bälle mehrmals zum Problem, da man nicht kollektiv ins Gegenpressing ging bzw. nachschob. Dadurch konnte der SSV Jahn mehrmals gut über beispielsweise Dribblings umschalten, auch weil Wiesbaden durch das passive Herangehen einiges an Raum im Zentrum gewährte.

2. Zentrale Räume eng gestaffelt

Wie gesagt, eigentlich liegt Wehens Fokus eher auf flachen Pässe, aber gerade in der Liga gab es gegen qualitativ überlegene Gegner schlichtweg keine andere Möglichkeit. Gegen den Jahn hat man sich aber dann wohl mehr Chancen auf dieses Spiel ausgerechnet.

Hierbei lag schon die Spiele zuvor immer der Fokus auf Robin Heußer, einer der besten zentralen Mittelfeldspieler der 2. Bundesliga, er wird den Wehenern bald entwachsen. Ihn in Szene zu bringen, ist einer der wenigen Optionen, die sie mit dem Ball haben. Er soll sich dann aufdrehen, ein Dribbling ansetzen und die aufrückenden Flügelverteidiger oder die hinterlaufenden Stürmer einsetzen.

Hierbei bewegt er sich im Wechselspiel mit Fechner, der einen Pressingspieler anbinden soll, um so Räume für Heußer zu schaffen. Relativ früh in der Partie wurde Christian Viet damit beauftragt, sich um Fechner zu kümmern, damit seine Überraschungsmomente ausbleiben, nicht wenige Male begleitete Viet ihn über das halbe Feld. Heußer bekam etwas mehr Raum, um das typische Aufdrehen zu verhindern, sollte Bulic dann aktiv und durchaus hart den Zweikampf ersuchen, was ihm sehr oft gelang.

In dieser Beziehung war es stets wichtig, dass die Linien eng aufeinander stehen, also kompakt bleiben. Warum? Wehen suchte immer wieder den Raum zwischen den Linien, somit wollte der Jahn diesen möglichst gering halten.

Dazu trug die Konstellation der längeren Zuspiele hinter die Kette auch in der Weise bei, dass die Abwehrreihen zu einem Rückzug gegen die Angreifer tendierten und so die Kompaktheit etwas sank. Grundsätzlich hätten die Offensiven das noch mehr ausnutzen können: Raum zwischen den Linien war eigentlich vorhanden, das Bewegungsspiel trotz der vielen höheren Positionen aber oft zu unflexibel. Es fehlte dazu schlichtweg der Mut, dass man die freigelaufenen Mitspieler im offensiven Halbraum (grün) einsetzte, nachdem es mehrere Fehlpässe daraus zu Beginn des Spiels gab. Erst mit Lee kam die Selbstsicherheit, die auch diese Spielweise förderte.

Zum anderen fehlten bei Wiesbaden aber auch aktive sowie dynamische Bewegungen, denn es reicht nicht, wenn ich den Raum besetze, vielmehr müssen diese eher in Überraschungsmomente belaufen werden.

3. Überladungen am Flügel wirkungslos

Stattdessen verliefen die Spielabläufe immer wieder auf die Flügel, wo auch der theoretische Plan einer Überladung stand. So, was heißt nun nochmal Überladung? Überladung ist das Schaffen einer Überzahl, wobei man sich gerade über Kombinationen über den engen Raum nach vorne arbeiten möchte. Hier ein Beispiel vom Spiel gegen Pauli.

Der Jahn versuchte dem mit Mannorientierungen aus dem Weg zu gehen, also indem man Passoptionen zustellt. Man kann nicht jeden Angriff unterbinden, jedes Spiel steht man auch vor Gefahren im eigenen Drittel.

Nachdem die Angriffe in die Breite gelenkt wurden, geht es im nächsten Schritt darum, gefährliche Flanken des Gegners zu verhindern. Dies geschieht durch Überlastung der Flanken, indem man dem Gegner nur sehr wenig Raum zum Flanken oder zum Andribbeln gibt. Oft betiteln es dann Leute als “mauern”, aber eine zahlenmäßige Überlegenheit ist eine der besten Möglichkeiten, um Angriffe über die Flügel zu unterbinden. Man kann nicht nur Kombinationsspiele, wie es Wehen machen möchte, verhindern, sondern mit einem zusätzlichen Verteidiger auch einige Techniker in Schach halten, wie bspw. Lee. Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass die Seitenlinie ebenfalls als zusätzlicher Verteidiger fungiert und so die Wege für die Flügelspieler und Außenverteidiger begrenzt.

Ein weiterer Punkt bei der Abwehr von Angriffen über die Flügel ist, dass sich die gesamte Verteidigung auf eine Seite des Spielfelds konzentrieren kann. Beim Verteidigen ist es wichtig, dass alle Augen auf den Aktionsbereich gerichtet sind. Das bedeutet, dass die Verteidiger sich besser auf das vorbereiten können, was auf sie zukommt, und dass sie in der Lage sind, Flanken effektiv abzuwehren. Dieser Fokus auf die bespielte Seite macht das Spielfeld eng und öffnet Räume für Seitenverlagerungen, die aber Wehen so nicht nutzte. Dabei gilt es auch Robin Ziegele zu erwähnen, der gerade in dieser Spielphase brutal viel Stabilität vermittelte.

Der mentale Aspekt ist nach wie vor der schwierigste Teil der Verteidigung in einem so tiefen Block über die Flügel. Es gibt, wenn überhaupt, nur sehr wenig Spielraum für Fehler. Ein kleiner Fehler führt fast immer zu einer guten Torchance. Für die Spieler ist es sehr schwierig, 90 Minuten lang konzentriert zu bleiben, gerade in diesen wichtigen Spielen, wo es um alles geht. Da dieses System ein hohes Maß an Fokussierung und Konzentration erfordert, sollten die Trainer den Spielern im Training ein wettbewerbsorientiertes Arbeitsumfeld vermitteln, um sie mental auf die Spiele vorzubereiten – vielleicht etwas, was in diesem Wettbewerb “Relegation” einfacher zu vermitteln ist.

Hört sich doch alles ganz gut an, oder? Aber halt, wir haben ja gar nicht gewonnen…

Die Gründe, wieso es “nur” ein 2-2 wurde

1. Die Bänke

Also sind wir mal ehrlich, ich war mir in der ersten Halbzeit nicht sicher, welche Mannschaft hier aus der 2. Bundesliga stammt und welche nicht. Aber das Trainerteam von Wehen hat in der Pause kräftig durchgewechselt und es hat anscheinend ganz schön gestaubt. Mit Lee, Günther und Mockenhaupt kamen drei Spieler, die durchaus in der Startaufstellung hätten stehen können und niemand hätte etwas gesagt.

Gerade Lee brachte mit 90% Passquote und seiner ständigen “Wuseligkeit” einen frischen Wind in die Partie, teilweise hatte man das Gefühl, er ist überall und der Ball klebt immer am Fuß. Dieser Unterschiedsspieler hat dann die Strukturen in der Defensive dann am Anfang alleine ganz schön durcheinandergeworfen, er wird ziemlich sicher starten im Rückspiel. Auch Günther und Mockenhaupt agierten sicher mit dem Ball und gegen den Ball stabil, also genau das, was in Halbzeit 1 fehlte.

Und der Jahn? Der kann diese Qualität auf der Bank aktuell nicht wirklich aufzeigen, gerade mit dem weiteren Ausfall von Elias Huth fällt ein weiterer Joker weg. So wechselte Joe Enochs nur zweimal und brachte Hein wie Meyer ziemlich spät in das Spiel. Und Auswechslungen sind durchaus immer ein Mittel, um einfach ein Zeichen zu setzen und das Momentum zumindest ein Stück an sich zu reißen.

2. Schwindende Kraft

Als Mannschaft, die mehr Spiele absolvieren musste und auch in der tieferen Liga spielt, schwindet dann die Kraft in solchen Spielen natürlich. Kann man dann dazu nicht richtig wechseln, ist dieser Effekt noch größer. Daraufhin wurden Zweikämpfe weniger hart, technische Fehler häuften sich, der gegnerische Druck stieg – dann bekommst du Angst, möchtest mehr investieren, derweil verlierst du nur noch mehr Kraft. Aus diesem Teufelskreis heraus passierten dann die äußerst unglücklichen Gegentoren, die 30 Minuten früher mit Sicherheit nicht so gefallen wären. Wiesbaden spürte das, versuchte noch mehr Überzahlsituationen zu kreieren, kam mehr in der Box. Am Ende sicherte das Verteidigen von Flanken in der Box den Punkt.

3. Etwas zu viel Sicherheitsdenken

Und was tut man, wenn man den Druck des Gegners spürt? Man sucht die Sicherheit und den Halt. Aus dieser Position heraus wurde das Ballbesitzspiel wieder etwas arg strukturiert und zu wenig dynamisch, fand ich. Dieser Punkt ist natürlich unmittelbar mit dem darüber verknüpft, denn sinkt die physische Kraft, dann auch die psychische und somit die taktische. Logisch gedacht, macht man dann einfach nicht mehr den intensiven Lauf zum Ball oder hat nicht mehr die spieltentscheidende Idee.

So versteifte der Spielaufbau etwas und lange Bälle wurden häufiger, wie im oben ausgeführten Beispiel. Wiesbaden fand sich in die Rolle ein mit der Führung, dass man sich auf den tiefen Block versteift und die Räume verteidigt. Am Ende wurde das zum Verhängnis und ein offen gelassener Raum zwischen Innenverteidiger und Flügelverteidiger wurde durch Dominik Kother genutzt. Und ganz ehrlich: Darauf bin ich stolz. In 9 von 10 Fällen hätten wir in dieser Rückrunde das 1:3 bekommen und die Fahrt nach Wiesbaden wäre nicht von so einer Euphorie begleitet gewesen. Wer trotz dieser Faktoren, die alle am Ende wieder für Wehen sprechen, geduldig bleibt, der darf das Unentschieden verdient entgegennehmen.


Das Team wurde mit einem Empfang begrüßt und am Ende für das 2:2 gefeiert. Das Stadion unterstützte feinfühlig, wo es nur ging. Die eigene Mannschaft wurde unermüdlich nach vorne gepeitscht – immer wieder, egal was war. Der Mythos Relegation lebt. Nach Torchancen hätten beide Seiten ruhig 4-1 gewinnen können. Doch wir starten mit einer guten Ausgangslage ins Finale um den Aufstieg, denn wir haben den mentalen Vorteil.

Und das beste? Wir sind wieder da. Diese Rückrunde war hart, dieses Spiel auch – aber wir sind wieder aufgestanden. Zusammen schaffen wir das!

Laut DFB-Regularien stehen dem Jahn 10% der Gesamtkapazität in Wiesbaden zu, die hat man auch erhalten. Anders als die Jahre zuvor wird aber ein Block nicht geöffnet, obwohl einige Jahnsinnige noch auf ein Ticket gehofft hätten. Heißt dann wohl, dass wir im Gästeblock mindestens 200% geben müssen. Ich pack schon mal Halstabletten ein.

Es zählt jetzt nur noch dieses Spiel in Hessen. Brennt für Rot-Weiß, für den Aufstieg, für den Jahn. Gewinnt dieses Spiel, werdet zu Helden.

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