Am Sonntag, den 22.09.2024, begrüßen wir um 13.30 Uhr Preußen Münster im Jahnstadion Regensburg. Die Erwartungen der Fans für das Duell gegen einen direkten Konkurrenten und Mitaufsteiger könnten kaum höher sein, gerade nach der Niederlage gegen den HSV und den jüngsten Ergebnissen. Keine Frage, Punkte müssen her, und man darf nicht den Fehler machen, zu lange alles “schönzureden”. Doch dieser Vorwurf, man rede alles schön, kommt schneller als eine Kugel aus einer Pistole, wenn man nicht die Welt brennen sieht. Wieso das in meinen Augen nicht richtig ist und über die eventuelle neue Ära im Tor der Münsteraner möchte ich heute mit euch sprechen.
Wachablösung im Tor
Manche Sachen ändern sich nie. Einer der Topspieler der Mannschaft von Trainer Sascha Hildmann war letztes Jahr bereits der Torhüter Maximilian Schulze Niehues. Dieser hängte nach all den Jahren Profikarriere seine Handschuhe in diesem Sommer an den berühmten Nagel. Profitiert hat davon ein Spieler, der bereits letztes Jahr bei Preußen unter Vertrag stand und dann in diesem Sommer fest nach Münster wechselte: Johannes Schenk.
Schenk, der vom FC Bayern München kam, profitierte in seiner Karriere von seiner sehr guten Ausbildung. Er durchlief alle Nachwuchsmannschaften beim FCB und stand nach einer Saison in der U23 für ein Jahr im Profikader hinter Manuel Neuer, Sven Ulreich und Yann Sommer.
Wenig verwunderlich ist es somit, dass Schenk laut Kicker einer der Topspieler der Mannschaft ist (Note 2,4).
Wir werden nun versuchen, anhand der Daten die Schwächen und Stärken des jungen Torwarts herauszuarbeiten.
Die Sprache der Daten und Statistiken
Auf der Seite FotMob kann man bereits diverse Statistiken einsehen. Ein Vergleich mit dem Vorjahr bietet sich nur bedingt an. Erstens ist es am Ende immer noch ein Ligaunterschied, und zweitens stand er bisher 4 Spiele weniger auf dem Feld als 2023/24. Wir werden trotzdem versuchen, ein paar der Daten zu verwerten. Für einen groben Überblick nehmen wir von FotMob die Übersicht aus 2023/24 & 2024/25.
Wenn man sich also die Zeit nimmt und die Werte von FotMob liest, dann kann man erkennen, dass Schenk in 5 Spielen schon 11 Gegentore kassiert hat. In der Vorsaison waren es in 8 Spielen (nur Ligabetrieb) nur 14. An Gegentoren ist jedoch nie nur der Torhüter allein schuld, sondern die gesamte Mannschaft steht in der Pflicht. Außerdem, wie bereits erwähnt, darf man nicht vergessen, dass der Sprung von der 3. Liga in die 2. Bundesliga immer noch ein nicht kleiner Qualitätssprung ist.
Was man beobachten kann, ist, dass der Spieler nicht sonderlich viel an Leistung eingebüßt hat. Die Werte sind zum Großteil +/- 2 bis 3 Punkte in der jeweiligen Kategorie gleich. Eine Ausnahme stellt hier die Genauigkeit bei langen Bällen dar sowie allgemein die zielgenauen langen Bälle. Die Anzahl der langen Bälle kann aber auch aufgrund taktischer Vorgaben geringer sein, sodass man hauptsächlich festhalten muss: Die langen Bälle haben etwas an ihrer Genauigkeit eingebüßt.
Ansonsten ist der Schlussmann gemäß FotMob ziemlich konstant geblieben. Die Frage wird nun sein, ob er sich auf lange Sicht steigern und somit die Angreifer ein ums andere Mal verzweifeln lassen kann.
Und nun schauen wir wieder auf die Daten, die uns von FBref zur Verfügung gestellt werden.
Bei den Werten zur Arbeit mit dem Ball bleibt festzuhalten, dass Schenk im Vergleich zu anderen Torhütern zu 46 % in den direkten Spielaufbau eingebunden ist. Der Wert Start% beschreibt hier Pässe (ohne Abstöße), die länger als 36 Meter sind. Er ist also gut in den Spielaufbau integriert, was ihn natürlich auch anfällig für Anlaufen werden kann. Im Vergleich zu anderen Torhütern hat er auch einen Wert von 73 % bei Berührungen aufzuweisen. Das bedeutet, dass seine Mitspieler ihn auch aktiv suchen, um unter anderem von hinten aufzubauen.
Auch beim neuen Schlussmann der Preußen sind es jedoch die Werte in Rot, die uns nun mehr interessieren. Hier werfen wir zuerst einen Blick auf zwei Werte: Abwehrmaßnahmen außerhalb des Strafraums und die durchschnittliche Entfernung. Beide Werte sind sehr hoch, was zeigt, dass Schenk bereits früh versucht, in der Defensive zu unterstützen. Er ist auch relativ weit vom Tor entfernt, nämlich ca. 15,8 Meter. Die 92 %, die er hierdurch erreicht, und die Kombination mit dem vorherigen Wert zeigen deutlich, dass Schenk immer weit aus seinem Tor herausrückt.
Nun aber schauen wir auf die xG, oder genauer gesagt auf die für Torhüter relevanten PSxG nach Shots on Target (SoT) und xG abzüglich der erlaubten Tore (Goals Allowed, GA).
Beginnen wir mit den PSxGA, welche angeben sollen, wie gut ein Torhüter darin ist, die Post-Shot Expected Goals zu parieren. Hier hat Johannes Schenk einen Wert von -0,30. Bei einem PSxG-Wert von 10,7 hat der Torhüter von Münster 11 Gegentore kassiert. Damit reiht er sich im Ligavergleich im Mittelfeld ein. Man kann erkennen, dass er zwar immer noch weniger Schüsse pariert, als abgegeben werden, dennoch sind es einige, die er pariert, da der PSxG-Wert von Münster der zweithöchste der Liga ist.
Nochmal eine kurze Erklärung: PSxG ist ein Wert, welcher die Wahrscheinlichkeit eines Torerfolges ermitteln soll. PSxG – SoT ist der durchschnittliche PSxG-Wert ohne Strafstöße. Dieser Wert, zwischen 0 und 1, sagt einiges über die Fähigkeiten eines Torhüters aus, Tore abzuwehren.
Gerade dieser Wert ist einer der besten von Schenk: 0,34. Da es bei diesen Werten aber sehr eng zugeht, orientiert er sich hier ebenfalls nur im Mittelfeld der Liga, dicht gefolgt von Felix Gebhardt, welcher einen Wert von 0,32 hat.
Zum weiteren Vergleich: Den besten PSxG-Wert der Liga hat aktuell Lennart Grill von Eintracht Braunschweig mit 0,42. Nun denkt man sich: “Braunschweig? Wirklich? Bei dieser Flut an Gegentoren?”. Doch gerade hier zeigt sich meiner Meinung nach auch die Aussagekraft des Wertes. Denn Lennart Grill hat auch den höchsten PSxG-Wert der Liga, was heißt, dass er einiges zu tun hat und dabei augenscheinlich eben viel pariert. Daniel Heuer-Fernandes vom HSV z. B. hat “nur” einen PSxG-Wert von 4,6, aber dabei auch einen Wert von 0,25 bei den PSxG-SoT. Also, simpel gesprochen: Bei weniger Post-Shot Expected Goals hat er auch weniger pariert.
Nun aber zurück zu Johannes Schenk. Per se bleibt festzuhalten, dass er eine sehr gute Leistung zeigt, da er einige PSxG hat, jedoch einige pariert wurden. Dass er jedoch gleichzeitig zu der hohen Anzahl an PSxG auch viele Tore kassiert hat, zeigt, dass er nicht unüberwindbar ist und man sich offensiv durchaus einiges erspielen kann. Es heißt also, ihn offensiv sehr zu fordern und ihn zu Fehlern zu zwingen oder ihn permanent unter Druck zu setzen. Nicht, weil er für sowas anfällig zu sein scheint, aber manchmal ist Quantität doch besser als Qualität.
Die Saison von Münster so far und das letzte Spiel
0-2-3. So liest sich die Bilanz von Preußen Münster bisher. Man wartet in dieser Saison auf die ersten 3 Punkte. Wenn es nach mir geht, dürfen sich Sascha Hildmann und seine Mannen noch etwas gedulden.
Zuletzt gelang der Truppe aus NRW ein 3:3 gegen den SC Paderborn. Einen großen Anteil an diesem Unentschieden hat Joshua Mees. Der ehemalige Regensburger traf doppelt und scheint sich gut in Münster eingelebt zu haben. Weitere nennenswerte Ergebnisse waren das 1:4 gegen den HSV und das 1:3 gegen Greuther Fürth. Nicht nur der Jahn kassierte viele Tore gegen diese Gegner.
Wenn man den Spielbericht gegen Paderborn liest, bekommt man den Eindruck eines munteren Spiels und eines offenen Schlagabtauschs. Dabei setzte Mees bereits in der 19. Minute die erste Duftmarke mit einem Kopfballtor. Die Antwort der Mannschaft aus Ostwestfalen folgte in der 37. Minute durch Bilbija, der bei einer Abwehr zur Seite goldrichtig stand und ein Abstaubertor erzielen konnte. Mit dem 1:1 ging es dann auch in die Halbzeitpause.
Wer allerdings meinte, die Mannschaften kämen verhalten aus der Pause, der lag falsch. Direkt nach Wiederanpfiff war der Torhüter von Münster bereits gefordert und eine Minute später nach einem Eckball bezwungen. Götze legte auf Obermair ab und dieser schob zur Führung ein.
Danach ging es hin und her. In der 63. Minute kam mit Babis Makridis ein weiterer ehemaliger Regensburger zum Einsatz.
Ab der 78. Minute ging es wieder rund. In seinem ersten Spiel für Münster nickte Fridjonsson per Kopf aus kurzer Entfernung zum 2:2-Ausgleich ein. Das wollte Paderborn so nicht stehen lassen und erzielte durch Ansah in der 85. Minute das 3:2. Wer allerdings meinte, dass nun das Spiel entschieden war, lag erneut falsch. Niemand Geringeres als Joshua Mees erzielte in der 91. Minute den Ausgleich zum 3:3. Kurz darauf endete die spannende Partie.
Die Elf von Sascha Hildmann tat sich in den ersten Saisonspielen also schwer, scheint aber nun auch in der 2. Bundesliga angekommen zu sein. Doch gerade dem erfahrenen Trainer wird klar gewesen sein, dass dies erwartbar war. Umso wichtiger wird nun für Preußen ein Erfolg gegen den Jahn sein. Doch den werden sie sicherlich nicht kampflos von uns bekommen.
Vom Schönreden
Nach dem HSV-Spiel war bei vielen Jahnfans die Ratlosigkeit groß. Und verständlicherweise ist man erst einmal frustriert, wenn man 0:5 auf die Mütze bekommt. Ich habe die Diskussionen nach dem Spiel verfolgt. Einige Aussagen haben mich zum Nachdenken gebracht, einige meine Position für mich bestärkt und andere mich kopfschüttelnd zurückgelassen. Und auch eine meiner ersten Befürchtungen nach dem Aufstieg ist bereits eingetreten: Wann fordert jemand Joe?
Vorweg: Ja, Joe wird sich Fragen gefallen lassen müssen. Und ja, nicht alle Entscheidungen waren immer superglücklich und stellvertretend als Cheftrainer muss Joe hierfür geradestehen. Dennoch sehe ich keinerlei Grund, wieso man zum jetzigen Zeitpunkt, wo sich die Liga auch noch ordnet, über den Trainer sprechen sollte. Ja, saisonübergreifend gab es auch Durststrecken, aber hierfür kann man nicht nur auf einen Protagonisten deuten. Es ist weder nur Joe, noch nur die Spieler, noch nur die Verantwortlichen und so weiter und so fort. Meistens ist es eine Summe aus allem.
Natürlich möchte man nach einer Leistung wie am Samstag seinen Ärger rauslassen. Das ist auch richtig so. Auch nachvollziehbar ist, dass man in der heutigen Zeit, wo man mit schlechten Nachrichten überschwemmt wird, sofort Haus und Hof brennen sieht. Allerdings gehört auch immer eine gesunde Portion Realismus hinzu. Und meiner Meinung nach ist das so:
0:5 – das ist zu hoch. Und ja, man darf nicht immer nur auf Münster und Co. schauen und muss auch versuchen, gegen den HSV zu punkten. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich nicht nur Münster schwer tat. Nein, bis zum 0:3 war es keine katastrophale Leistung. Bis zum 0:3 für den HSV, was einfach auch die Klasse eines Dompé unterstreicht, wurde der Jahn kontinuierlich stärker. Ja, die letzten drei Tore waren unnötig, doch wir spielten hier immer noch gegen den HSV. Was hat man erwartet? Das sind einfach komplett andere Verhältnisse.
Mein Co-Kommentator vom Turmfunk, der liebe Gulli, sagte es ganz schön: Man traf jetzt auf Hannover, Fürth, Hamburg und Berlin. Dass man da jetzt nicht mit 9 Punkten rauskommt, ist absolut nachvollziehbar und realistisch. Und so ist es auch einzuordnen. Wir werden zu kämpfen haben und nicht mit schönem Fußball einen Preis gewinnen.
Ja, die Mannschaft hat nicht gut gespielt und einiges war schlecht. Aber nein, ich glaube nicht und weigere mich anzunehmen, dass wir abgeschlagen Letzter werden, denn man sieht, was unsere Jungs auch können. Doch es ist wie so oft in den letzten Jahren: Man benötigt hierfür einfach das Jahn-Gen. Es muss gefightet, gebissen und gekratzt werden. Dann ist vieles möglich und sicherlich hat unser Team es im Kreuz, den Klassenerhalt zu schaffen.
Natürlich wirken manche Erklärungen, Aussagen oder auch unsere Möglichkeiten, noch Kräfte von der Bank zu bringen, nicht gerade so, wie man es sich wünschen würde. Aber der Marktwert von ca. 9,85 Millionen und die Rahmenbedingungen bei uns sind nun mal die Realität. Damit haben wir zu arbeiten und im Ergebnissport Fußball auch die nötigen Ergebnisse einzufahren.
Und nein, das heißt nicht, dass wir ambitionslos sind und uns die dritte Liga einfach reicht. Es heißt auch nicht, dass wir nur auf Münster schauen sollten. Es heißt, dass wir Woche für Woche versuchen sollten, unsere Fehler abzustellen, Problemfelder zu schließen und uns weiterzuentwickeln. Das ist nur möglich durch Vertrauen in das Team und durch harte, ehrliche und akribische Arbeit. Leider gehört zu diesem Realismus auch die ein oder andere hohe Niederlage..
Forza Ratisbona!