Der Berliner Weg in Regensburg

Wir haben den 20, Spieltag der Saison. Zuhause geht es gegen die alte Dame aus Berlin. Wir blicken mit euch darauf voraus. (Foto: Gatzka)

Es gab für mich in den letzten Monaten schon einfachere Vorberichte. Für alle Jahn-Fans sicherlich bessere Zeiten.
Noch sitzt mir die blamable Niederlage gegen Ulm tief in den Knochen. Einige von euch durften mich sicherlich im Turmfunk hören. Selten war ich so rat- und fassungslos wie in diesem Moment. Selbst Cheftrainer Andi Patz entschuldigte sich bei den Fans für diesen Auftritt.

Es ist nicht hinnehmbar, eine solche Leistung abzurufen. Auch wenn es keiner mehr hören kann und jeder beteuert, dass es aufgearbeitet wird: Das geht so nicht.

Von den mitgereisten Fans wurde das auch dementsprechend quittiert. Man drehte der Mannschaft während des Spiels den Rücken zu. Mehr als verständlich in Anbetracht dessen, was unsere Fans alles für ihren Verein auf sich nehmen.

Jemand, der für Hertha BSC viel auf sich genommen hat, war Kay Bernstein. Auf ihn wollen wir im ersten Teil dieses Berichtes blicken.

Der Mensch Kay Bernstein

Wieso nutzen wir diesen Vorbericht um auf Kay Bernstein einzugehen? Es ist nun etwas über ein Jahr her das der Präsident von Hertha BSC plötzlich verstarb. Im Vorbericht der Rückrunde haben wir uns vorgenommen auf aktuelles vom Verein oder Personen des Vereins zu blicken. Und nachdem sich dieser traurige Tag nun gejährt hat, bietet es sich an, einen Blick auf eine Person zu werfen – auf einen Mann, der laut meinem Mitredakteur Max „Grenzen verbunden und Ideologien aufgelöst hat“. Beginnen wollen wir hier mit kurzen Eckdaten:

  • Kay Bernstein wurde am 08.09.1980 in Marienberg im Erzgebirge geboren.
  • Er verstarb viel zu früh am 16.01.2024 in Hoppegarten (Brandenburg).
  • Bereits früh in seiner Jugend zog seine Familie nach Berlin-Marzahn.
  • Er war verheiratet und hatte zwei Töchter.
  • Bernstein war selbstständig tätig in der Eventbranche.
  • Wohl ab den 90ern war er Anhänger von Hertha BSC, deren Präsident er bis zu seinem Tod war.

Doch was für ein Mensch war Kay Bernstein? Was machte ihn zu einer so beliebten Person im Umfeld der Fans von Hertha BSC Berlin?
Die Antwort darauf findet man schnell – und zwar in der Vergangenheit. Eher in seinen Anfängen und in den Anfängen einer Fangruppierung von Hertha BSC Berlin.

Der Ultra Bernstein

Anders als viele andere Präsidenten heutiger Fußballvereine war Bernstein nicht nur ein einfacher Fan seines Vereins, sondern er kam aus der Szene. Er war Mitgründer der Harlekins Berlin. Dieser Gruppe blieb er auch nach wie vor verbunden, selbst nach seiner Wahl zum Präsidenten der Alten Dame.

Harlekins wird immer meine Gruppe bleiben

Zitat von Kay Bernstein von der Seite der Harlekins Berlin

Wie viel der Gruppe der Mensch, der von uns gegangen ist, bedeutet, kann man in ihrem Nachruf lesen. Aber auch im Nachruf des RBB erfährt man einiges über den ehemaligen Präsidenten aus der Hauptstadt.

Er war vielseitig interessiert und engagiert. Das zeigte sich dadurch, dass er in seiner frühen Zeit sowohl bei Choreos als auch als Vorsänger in der Berliner Fanszene aktiv war. Dabei schaffte er wohl eines, was in einer großen Gruppe schwierig ist: Er war einer der Ansprechpartner und ein “Prellbock”, wenn es um Kritik an der Gruppe ging.



Irgendwann zog er sich wohl mehr und mehr

Seine Superkraft ist, Menschen zu verbinden

aus dem Artikel der MAZ

Mit der Zeit zog er sich etwas zurück um sich auf sein Privatleben zu konzentrieren. Doch ganz war er, so macht es den Anschein, nie von der Gruppe entfernt.

Die Werte des Präsidenten – Einigkeit, für Fans und der Berliner Weg

Mit der Zeit nahm wohl ein Plan immer mehr Kontur an: Kay Bernstein wollte Präsident werden.

Auch ich, der selbst wenig Berührungspunkte mit Hertha hat, erinnerte mich daran, dass ich dachte: “Jetzt Präsident von Hertha sein? Gibt vermutlich einfachere Aufgaben.” Die Zeit, in der der neue Präsident übernahm, war mit Sicherheit alles andere als ruhig.

RBB24 beschrieb ein Ziel von Bernstein als das Bestreben, Einigkeit zu schaffen – Einigkeit und Zusammenhalt für den Verein, den unter anderem Lars Windhorst zu einer Posse hatte werden lassen. Einigkeit nach außen, damit es bei Hertha nicht weiterhin wie im Tollhaus wirkte.
Der Satz aus seiner Antrittsrede unterstreicht auch, dass die wohlwollenden Worte von Max, aber auch des unbekannten Vertrauten, tatsächlich wahr sind:

Lasst uns auf die Leute zugehen und mit ihnen reden. Darauf wird es ankommen

Bernstein bei seiner Wahl zum Präsidenten

Dass der neue Präsident von Hertha BSC jemand war, dem es um die Fans ging und dessen Vergangenheit hierbei eine große Rolle spielte, ist vermutlich nicht verwunderlich.
Unter anderem setzte er sich für das Abbrennen von Pyrotechnik in kontrolliertem Maße ein – in der heutigen Zeit ein längst überfälliges Thema, dem mehr Raum gegeben werden sollte. Außerdem stimmte der oberste Herthaner diverse Male gegen Investoren in der DFL. Er sah das Ganze durchaus kritisch.

Zum Schluss möchten wir noch einen Blick auf den „Berliner Weg“ werfen – so wurde das Wirken von Kay Bernstein gesehen. Doch was heißt das kurz und konkret?
Man wollte nahbarer sein. Man wollte aus eigener Kraft, mit den Mitarbeitern, aber auch mit einer neuen, starken Jugendarbeit, wieder gesunden – quasi aus Berlin für Berlin. Es zeigt nochmals deutlicher die Verbundenheit, die Bernstein für die Stadt und den Verein empfunden hat.

Am Ende von allem ist der Verlust eines geliebten Menschen immer ein schlimmes Ereignis. Kay Bernstein war mehr als nur der Präsident von Hertha BSC. Im Rahmen des Vorberichts habe ich mir die Zeit genommen, auf ihn zu blicken, da mir klar war, dass er eine wichtige Figur der neuen Zeit bei Hertha BSC war. Und ich bin mir sicher, dass er eine großartige Persönlichkeit war.
Meine Anteilnahme gilt all jenen, die um ihn trauern – auch ein Jahr nach seinem viel zu frühen Ableben.

Aus Franken in die Hauptstadt

Ebenfalls eine aktuell wichtige Person bei Hertha BSC ist Cheftrainer Cristian Fiel. Er hat den Weg eingeschlagen, den Markus Söder wohl mal überlegt hatte: von Nürnberg in die Bundeshauptstadt Berlin.

Fiel hat – wie viele Trainer – eine Vergangenheit als Spieler. Seine Karriere startete er als Teil unserer blauen Freunde in Stuttgart. Von der Jugendabteilung ging es zur Profimannschaft, die damals noch in der zweiten Liga spielte.
Nach dem Abstieg der Kickers wechselte er über Union Berlin und den VfL Bochum zum damaligen Zweitligisten Alemannia Aachen. Dort blieb er von 2004 bis 2010 – seine längste Station. Seine intensivsten Jahre dürfte er jedoch bei Dynamo Dresden gehabt haben. Dort war er von 2010 bis 2015 Teil der Mannschaft und zudem Kapitän.

Seine Spielerkarriere endete ebenfalls bei Dynamo. Anschließend stieg er als Jugendtrainer bei seinem ehemaligen Klub ein. Nachdem er 2018 die Profimannschaft interimsweise betreut hatte, übernahm er sie zur neuen Saison. In seiner ersten Saison hielt man die Klasse, schaffte es jedoch nicht, nachhaltig erfolgreich zu sein. Bereits 2019 war bei Dynamo aufgrund von Erfolgslosigkeit wieder Schluss.

2021 ging er als Trainer der zweiten Mannschaft zum Club nach Nürnberg. Auch hier stieg er nach einem Engagement als Interimstrainer wieder zum Cheftrainer auf.
Als Cheftrainer erreichte er mit den Franken einen unaufgeregten 12. Platz in der Tabelle.

Hertha BSC wiederum war zu Beginn der aktuellen Saison auf der Suche nach einem Trainer. Einer der Gründe, warum er für Hertha eine ernsthafte Wahl gewesen sein dürfte, ist, dass er für offensiven und mutigen Fußball steht.
Ein weiterer Grund ist im „Berliner Weg“ zu finden: Fiel setzt viel auf junge Spieler. Dies ergänzt sich gut mit dem Wunsch nach mehr Jugendarbeit in Berlin.

Um einen Einblick in Cristian Fiels Fußball zu bekommen, sei der Artikel unseres Kollegen Marc vom RBB empfohlen. Ihr findet ihn hier.

Aussagen von Christian Fiel

“Pep Guardiola beim Barcelona von 2006 bis 2012, das war der schönste Fußball, den ich bisher gesehen habe.

Fiel darüber welcher Fußball ihn geprägt hat

„Das war wichtig, dass sie mal alleine über diese Dinge sprechen. Ich glaube auch, dass da der ein oder andere dabei ist, der nochmal Einfluss nehmen kann auf die jungen Spieler“

Fiel darüber das seine Spieler eigenständig eine Krisensitzung hielten. Teamwork ist ihm wichtig.

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